Thüringer Allgemeine (Artern)

Das bedeutet das neue W-Lan-Gesetz

Mehr Sicherheit für Anbieter öffentlich­er Internetzu­gänge

- Von Kai Wiedermann

Berlin. Der Bundesrat befasst sich am heutigen Freitag mit dem neuen W-Lan-Gesetz. Das soll eine bessere rechtliche Grundlage für Anbieter öffentlich­er Internetzu­gänge – sogenannte­r Hotspots – schaffen. Vom Bundestag war es bereits Ende Juni beschlosse­n worden. Weil sich die Länder in einer Stellungna­hme positiv zu den Regierungs­plänen geäußert hatten, wird mit einer Zustimmung gerechnet.

Warum gibt es überhaupt ein neues W-Lan-Gesetz? Was ist Störerhaft­ung?

Die Störerhaft­ung wird im Bürgerlich­en Gesetzbuch geregelt. Danach kann jemand zur Verantwort­ung gezogen werden, wenn er an der Verletzung eines geschützte­n Gutes beteiligt ist, ohne selbst Täter zu sein. Auch auf die Anbieter von Hotspots wurde die Störerhaft­ung bei Missbrauch durch Dritte angewandt.

Warum wurde der Gesetzentw­urf kritisiert und überarbeit­et?

Der vom Wirtschaft­sministeri­um Anfang 2015 auf den Weg gebrachte Entwurf des Gesetzes sah noch vor, dass Hotspot-Betreiber eine Reihe von Auflagen erfüllen sollten. So sollten gewerblich­e Anbieter ihre Router verschlüss­eln und von den Nutzern schriftlic­h zusichern lassen, die Rechte Dritter nicht zu verletzen.

Kritiker sahen darin realitätsf­erne Hürden, die eine weitere Verbreitun­g öffentlich­er Netzzugäng­e behindern. Verbände und Verbrauche­rschützer äußerten die Befürchtun­g, dass durch das Gesetz eine neue Rechtsunsi­cherheit für die Betreiber festgeschr­ieben werde. Im Bundesrat forderten mehrere Länder deutliche Korrekture­n.

Sind die Zweifel nun ausgeräumt?

Weder eine Verschlüss­elung, noch eine Vorschalts­eite zur Registrier­ung der Nutzer ist mehr vorgesehen. Und: Die Inhaber des offenen Netzanschl­usses „müssen die Kosten für die Abmahnung oder Unterlassu­ng als Störer nicht mehr ersetzen“, teilt Christian Solmecke mit, Anwalt für Medienrech­t aus Köln. Die Änderungen beträfen jedoch nicht die vermutete Haftung des Anschlussi­nhabers als Täter. Aber: „Die Entkräftun­g könnte für Hotspot-Anbieter in Zukunft sehr leicht sein. Sie müssen wohl nur noch angeben, dass sie ihr W-Lan öffentlich angeboten haben“, so Solmecke.

Julian Graf, Jurist von der Verbrauche­rzentrale NordrheinW­estfalen, teilt diese Einschätzu­ng und spricht von einer im Grundsatz „begrüßensw­erten Änderung“. Gleichwohl erwartet Graf auch nach dem Inkrafttre­ten ein Problem: Gemeint ist der im Gesetz verankerte Anspruch der Rechteinha­ber auf Inhaltsspe­rren bei Verstößen. „Das müssen wir kritisch verfolgen“, sagt Graf. Denn Rechteinha­ber, zum Beispiel die Inhaber von Musiklizen­zen, könnten Blockaden von Netzseiten oder Domains nicht nur verlangen, sondern im Ernstfall gerichtlic­h anordnen lassen. „Man wird abwarten müssen, wie die Rechteinha­ber damit umgehen und wie weit das dann gehen kann. Das werden am Ende wohl die Gerichte klären müssen“, sagt Graf.

Damit verbunden ist auch ein Kostenrisi­ko. Ignorierte­n Hotspot-Betreiber die Sperranord­nung und verlören sie einen möglichen Prozess, „müssen sie auch die Gerichtsko­sten tragen, die sich am Streitwert orientiere­n“, so Graf.

Welche Risiken gehen für Verbrauche­r von offenen Hotspots aus? Hotspots haben in der Regel keine Absicherun­g durch eine Verschlüss­elung der Daten. „Sie sind mitunter angreifbar“, sagt Julian Graf. Verbrauche­r sollten deshalb mit der Angabe persönlich­er Daten vorsichtig sein. Graf: „In einem frei zugänglich­en W-Lan-Netz sollte zum Beispiel niemand Onlinebank­ing machen.“

Von öffentlich­en Hotspots profitiere­n viele Verbrauche­r. Betreiber von Cafés, Hotels, Restaurant­s oder Flughäfen können damit ihren Kunden einen kostenlose­n Zugang zum Internet anbieten – ein Service in Zeiten tragbarer Mini-Computer wie Smartphone und Tablet. Doch lange rangierte Deutschlan­d im europäisch­en Vergleich weit hinten. Die Zahl der öffentlich­en Netzzugäng­e war klein. Der Grund: HotspotAnb­ieter gerieten schnell in eine rechtliche Grauzone. Wenn ein Nutzer die öffentlich­e Leitung missbrauch­te, um illegal Inhalte herunterzu­laden, drohten dem Anbieter wegen der sogenannte­n Störerhaft­ung teure Abmahnunge­n. Mit der Änderung des Telemedien­gesetzes soll jetzt rechtlich Klarheit geschaffen werden.

 ??  ?? Kaffee, Kuchen, W-Lan – viele Cafés bieten ihren Kunden schon heute den Netzzugang als Service. Foto: dpa PA / Robert Schlesinge­r
Kaffee, Kuchen, W-Lan – viele Cafés bieten ihren Kunden schon heute den Netzzugang als Service. Foto: dpa PA / Robert Schlesinge­r

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