Riskantes Spiel mit dem Iran
US-Präsident Trump will das Atomabkommen mit Teheran ändern. Damit droht ein nukleares Wettrüsten im Nahen Osten
New York. Neben Nordkorea droht der Welt eine zweite Atomkrise. US-Präsident Donald Trump will das Atomabkommen mit dem Iran einseitig deutlich „nachbessern“, wenn nicht sogar platzen lassen. Diesen „alarmierenden“Eindruck haben europäische Spitzenpolitiker nach Trumps Rede bei der UN-Generalversammlung in New York und Gesprächen mit US-Außenminister Rex Tillerson gewonnen. „Welcher Staat sollte von einem eigenen Atomprogramm zum Bau nuklearer Waffen Abstand nehmen, wenn sich zeigt, dass einmal ausgehandelte Vereinbarungen keinen Bestand haben?“, sagte der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel bei einer Rede vor der UN-Generalversammlung am Donnerstagnachmittag (Ortszeit). Dabei übte er auch indirekt Kritik an Trump: „Das Motto ,unser Land zuerst‘ führt nur zu mehr nationalen Konfrontationen und zu weniger Wohlstand. Am Ende gibt es nur Verlierer.“
Der Sozialdemokrat fürchtet einen Domino-Effekt. Kippt das Abkommen mit dem Iran, werde der nordkoreanische Machthaber Kim Jong-un mit Lichtgeschwindigkeit an seinem Nuklearund Raketenprogramm arbeiten. Gabriel: „Meine große Sorge ist, dass wir künftig keine Chance haben, andere Staaten daran zu hindern, sich Atomwaffen zu beschaffen.“
Bei einer Sitzung der Außenminister der fünf UN-Sicherheitsratsmitglieder (USA, China, Russland, Frankreich, England), Deutschlands und des Irans am Mittwochabend habe Tillerson dagesessen „wie eine Salzsäule“, sagt ein Teilnehmer der Runde. Obwohl der frühere Öl-Manager offiziell bestätigte, dass Teheran sich an die Bestimmungen hält, machte der ChefDiplomat erheblichen Nachbesserungsbedarf geltend. Der Iran erfülle nicht den „Geist“des Abkommens, sondern sei im Nahen Osten durch die Unterstützung von Terrorgruppen und des syrischen Machthabers Assad eine Hauptquelle für Destabilisierung, so Tillerson. De jure können die Amerikaner nicht einfach aus dem Atom-Deal aussteigen. (bac/diha)