„Gestalten statt meckern“
Die Grünen-Direktkandidatin Stephanie Kespohl über Umweltschutz, Nachhaltigkeit und menschwürdige Asylpolitik
Frau Kespohl, Sie sind eine von zehn Direktkandidaten im Wahlkreis 189. Warum wollen Sie in den Bundestag?
Ich möchte die Zukunft des Landes, in dem ich lebe, mitgestalten und gerade für zukünftige Generationen ein Land erhalten, in dem sie gerne leben und abgesichert sind. Ich finde, dass gerade junge Menschen im Bundestag unterrepräsentiert sind und das möchte ich ändern.
Welche politischen Erfahrungen haben Sie?
Die Politik verfolge ich schon eine längere Zeit, auch international. 2016 bin ich wieder aktiv geworden und bin seitdem Kreissprecherin des Kreisverbandes Bündnis 90/ Die Grünen Nordhausen. Auch auf Landesebene setze ich mich für die Belange von Nordhausen ehrenamtlich ein. So zuletzt beispielsweise bei der Debatte um die Kriterien für die Kreissitze.
Was reizt Sie an der Kandidatur?
Mich reizt es, zu gestalten und nicht nur zu meckern. Ich übernehme Verantwortung für Dinge, die mir nicht gefallen und die ich ändern möchte. Im Wahlkampf haben Sie sich im Gegensatz zu den Kontrahenten rar gemacht. Warum? Das lag an meinen veränderten Prioritäten. Im Juni kam meine Tochter zur Welt, die ich auch bei einigen Veranstaltungen dabei hatte. Darüber hinaus fand in Nordhausen noch der OBWahlkampf statt, den ich im Hintergrund mit koordiniert habe und der Kraft brauchte.
Warum sollte man Sie dennoch wählen?
Weil ich grüne Werte vertrete. Ich möchte niemanden missionieren, sondern daran erinnern, dass wir einen Planeten mit seinen Ressourcen haben, die wir nachhaltig schützen sollten. Ich vertrete meine Meinung auf eine natürliche und ehrliche Art und höre gerne andere Argumente, um eine Lösung zu finden, die unsere Region stärkt. Nur weil ich weniger öffentlich wahrnehmbar bin, heißt das nicht, dass ich mich weniger einsetze. Ich bin eine Mama mit Herz und politischem Engagement, der es wichtig ist, sich für politische Themen stark zu machen.
Wo liegen Ihre politischen Schwerpunkte?
Der Natur-, Tier- und Umweltschutz liegt mir sehr am Herzen und ist daher ein Schwerpunkt. Dabei verliere ich nicht den Blick für einen nachhaltigen Tourismus und eine bezahlbare, saubere Mobilität. Durch meine Wirtschaftsnähe ist es für mich wichtig, auch hier mehr nachhaltige Akzente zu setzen.
Was sind Neuerungen, die Sie in Berlin für Nordthüringen anschieben würden?
Wir haben in Nordthüringen einzigartige Landschaften, die es zu erhalten gilt. Egal, ob das Grüne Band im Eichsfeld, die Gipskarstlandschaft in Nordhausen oder den Possen im Kyffhäuserkreis. Ich möchte Maßnahmen entwickeln, die es uns ermöglichen, diese Flächen langfristig zu erhalten.
Darüber hinaus möchte ich mich im Schulbereich dafür einsetzen, neue Förderprogramme aufzusetzen, die die Lücken des Lehrermangels schließen. Dabei möchte ich die Landesebene aus dem Bundestag unterstützen.
Viele ursprünglich grüne
Ideen sind mittlerweile Realität – Atomausstieg, Bio-Lebensmittel etwa. Wozu braucht man jetzt noch die Grünen? Um weiterhin solche Themen umzusetzen. Es gibt noch viel zu tun: Wir hören täglich von Naturkatastrophen. Da braucht es eine Partei, die sich ehrgeizig für den Klimaschutz einsetzt. Auf unseren Autobahnen sehen wir häufig Transporte von Massentierhaltungen, die ihre Tiere zum Schlachter bringen lassen, auch hier gilt es noch, aktiver zu werden. Das sind nur zwei Themen. Wer, wenn nicht die Grünen, soll das immer wieder in das Bewusstsein der Menschen holen?
Die AfD schafft bei der Wahl wahrscheinlich die fünf Prozent. Zittert da die Grüne?
Ich kann nur für mich sprechen: Ich zittere nicht. Weder vor der AfD, noch davor, dass es die Fünf-Prozent-Hürde auch für uns gibt. Demokratie lebt von Vielfalt und ist in der Lage, eine AfD im Bundestag auszuhalten.
Die Grünen wollen ab 2030 nur noch emissionsfreie Autos zulassen. Ist das überhaupt schaffbar bei rund 40 Millionen Pkw im Straßenverkehr? Ein ambitioniertes Ziel, wie ich finde. Übrigens ist dieses Ziel selbst in China bereits formuliert. Wenn die Politik aber jetzt keine klaren Ziele setzt, trägt sie auch Verantwortung für eine Industrie, die 2030 nur auf Verbrenner setzt und für die eine Umstellung dann zu spät ist. Die vielen Arbeitsplätze der Automobilindustrie möchte ich nicht durch mein Handeln gefährden.
Ein Thema, das Deutschland bewegt, ist die Asylpolitik. Wie soll es da weitergehen?
Vor allem menschenwürdig. Es ist wichtig, klare Regelungen zu finden, um Menschen schnell zu schützen, die vor Krieg fliehen und ihnen den Weg zu ebnen, sie schnell zu integrieren.
Ein faires Asylverfahren sollte Grundlage sein und der Verschärfung des Asylrechtes möchte ich entgegenwirken.
Was muss sich umweltpolitisch in der nächsten Legislatur tun in Deutschland?
Das ist ein breites Feld. Mir ist eine nachhaltige Landwirtschaft wichtig. Hier geht es nicht nur darum, die Massentierhaltung zu reduzieren, sondern auch alte Rassen zu schützen. Aus meiner Sicht ist es weiterhin wichtig, in den Klimaschutz zu investieren. Das reicht von der Entwicklung neuer Technologien bis hin zur Aufklärung der Bevölkerung. Am Ende geht es auch um die Lebensgrundlage der Landwirte, die wieder von ihrer Arbeit leben können sollen.
Wie stehen Sie zum Thema Windkraft?
Im Hinblick auf die Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen bietet Windkraft eine sehr gute Alternative. Ich verstehe die Einwände der Anwohner, die oft Lärm, Schatten der Rotorblätter oder die Nähe zum Dorf beklagen. Diese Stimmen sollte man hören. Ich lebte und lebe selbst in einer Region mit entsprechenden Windrädern und sehe eher das Potenzial als die negativen Aspekte.