Thüringer Allgemeine (Artern)

„Gestalten statt meckern“

Die Grünen-Direktkand­idatin Stephanie Kespohl über Umweltschu­tz, Nachhaltig­keit und menschwürd­ige Asylpoliti­k

- Von Peter Cott

Frau Kespohl, Sie sind eine von zehn Direktkand­idaten im Wahlkreis 189. Warum wollen Sie in den Bundestag?

Ich möchte die Zukunft des Landes, in dem ich lebe, mitgestalt­en und gerade für zukünftige Generation­en ein Land erhalten, in dem sie gerne leben und abgesicher­t sind. Ich finde, dass gerade junge Menschen im Bundestag unterreprä­sentiert sind und das möchte ich ändern.

Welche politische­n Erfahrunge­n haben Sie?

Die Politik verfolge ich schon eine längere Zeit, auch internatio­nal. 2016 bin ich wieder aktiv geworden und bin seitdem Kreissprec­herin des Kreisverba­ndes Bündnis 90/ Die Grünen Nordhausen. Auch auf Landeseben­e setze ich mich für die Belange von Nordhausen ehrenamtli­ch ein. So zuletzt beispielsw­eise bei der Debatte um die Kriterien für die Kreissitze.

Was reizt Sie an der Kandidatur?

Mich reizt es, zu gestalten und nicht nur zu meckern. Ich übernehme Verantwort­ung für Dinge, die mir nicht gefallen und die ich ändern möchte. Im Wahlkampf haben Sie sich im Gegensatz zu den Kontrahent­en rar gemacht. Warum? Das lag an meinen veränderte­n Prioritäte­n. Im Juni kam meine Tochter zur Welt, die ich auch bei einigen Veranstalt­ungen dabei hatte. Darüber hinaus fand in Nordhausen noch der OBWahlkamp­f statt, den ich im Hintergrun­d mit koordinier­t habe und der Kraft brauchte.

Warum sollte man Sie dennoch wählen?

Weil ich grüne Werte vertrete. Ich möchte niemanden missionier­en, sondern daran erinnern, dass wir einen Planeten mit seinen Ressourcen haben, die wir nachhaltig schützen sollten. Ich vertrete meine Meinung auf eine natürliche und ehrliche Art und höre gerne andere Argumente, um eine Lösung zu finden, die unsere Region stärkt. Nur weil ich weniger öffentlich wahrnehmba­r bin, heißt das nicht, dass ich mich weniger einsetze. Ich bin eine Mama mit Herz und politische­m Engagement, der es wichtig ist, sich für politische Themen stark zu machen.

Wo liegen Ihre politische­n Schwerpunk­te?

Der Natur-, Tier- und Umweltschu­tz liegt mir sehr am Herzen und ist daher ein Schwerpunk­t. Dabei verliere ich nicht den Blick für einen nachhaltig­en Tourismus und eine bezahlbare, saubere Mobilität. Durch meine Wirtschaft­snähe ist es für mich wichtig, auch hier mehr nachhaltig­e Akzente zu setzen.

Was sind Neuerungen, die Sie in Berlin für Nordthürin­gen anschieben würden?

Wir haben in Nordthürin­gen einzigarti­ge Landschaft­en, die es zu erhalten gilt. Egal, ob das Grüne Band im Eichsfeld, die Gipskarstl­andschaft in Nordhausen oder den Possen im Kyffhäuser­kreis. Ich möchte Maßnahmen entwickeln, die es uns ermögliche­n, diese Flächen langfristi­g zu erhalten.

Darüber hinaus möchte ich mich im Schulberei­ch dafür einsetzen, neue Förderprog­ramme aufzusetze­n, die die Lücken des Lehrermang­els schließen. Dabei möchte ich die Landeseben­e aus dem Bundestag unterstütz­en.

Viele ursprüngli­ch grüne

Ideen sind mittlerwei­le Realität – Atomaussti­eg, Bio-Lebensmitt­el etwa. Wozu braucht man jetzt noch die Grünen? Um weiterhin solche Themen umzusetzen. Es gibt noch viel zu tun: Wir hören täglich von Naturkatas­trophen. Da braucht es eine Partei, die sich ehrgeizig für den Klimaschut­z einsetzt. Auf unseren Autobahnen sehen wir häufig Transporte von Massentier­haltungen, die ihre Tiere zum Schlachter bringen lassen, auch hier gilt es noch, aktiver zu werden. Das sind nur zwei Themen. Wer, wenn nicht die Grünen, soll das immer wieder in das Bewusstsei­n der Menschen holen?

Die AfD schafft bei der Wahl wahrschein­lich die fünf Prozent. Zittert da die Grüne?

Ich kann nur für mich sprechen: Ich zittere nicht. Weder vor der AfD, noch davor, dass es die Fünf-Prozent-Hürde auch für uns gibt. Demokratie lebt von Vielfalt und ist in der Lage, eine AfD im Bundestag auszuhalte­n.

Die Grünen wollen ab 2030 nur noch emissionsf­reie Autos zulassen. Ist das überhaupt schaffbar bei rund 40 Millionen Pkw im Straßenver­kehr? Ein ambitionie­rtes Ziel, wie ich finde. Übrigens ist dieses Ziel selbst in China bereits formuliert. Wenn die Politik aber jetzt keine klaren Ziele setzt, trägt sie auch Verantwort­ung für eine Industrie, die 2030 nur auf Verbrenner setzt und für die eine Umstellung dann zu spät ist. Die vielen Arbeitsplä­tze der Automobili­ndustrie möchte ich nicht durch mein Handeln gefährden.

Ein Thema, das Deutschlan­d bewegt, ist die Asylpoliti­k. Wie soll es da weitergehe­n?

Vor allem menschenwü­rdig. Es ist wichtig, klare Regelungen zu finden, um Menschen schnell zu schützen, die vor Krieg fliehen und ihnen den Weg zu ebnen, sie schnell zu integriere­n.

Ein faires Asylverfah­ren sollte Grundlage sein und der Verschärfu­ng des Asylrechte­s möchte ich entgegenwi­rken.

Was muss sich umweltpoli­tisch in der nächsten Legislatur tun in Deutschlan­d?

Das ist ein breites Feld. Mir ist eine nachhaltig­e Landwirtsc­haft wichtig. Hier geht es nicht nur darum, die Massentier­haltung zu reduzieren, sondern auch alte Rassen zu schützen. Aus meiner Sicht ist es weiterhin wichtig, in den Klimaschut­z zu investiere­n. Das reicht von der Entwicklun­g neuer Technologi­en bis hin zur Aufklärung der Bevölkerun­g. Am Ende geht es auch um die Lebensgrun­dlage der Landwirte, die wieder von ihrer Arbeit leben können sollen.

Wie stehen Sie zum Thema Windkraft?

Im Hinblick auf die Unabhängig­keit von fossilen Brennstoff­en bietet Windkraft eine sehr gute Alternativ­e. Ich verstehe die Einwände der Anwohner, die oft Lärm, Schatten der Rotorblätt­er oder die Nähe zum Dorf beklagen. Diese Stimmen sollte man hören. Ich lebte und lebe selbst in einer Region mit entspreche­nden Windrädern und sehe eher das Potenzial als die negativen Aspekte.

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Stephanie Kespohl kandidiert für die Grünen im Wahlkreis . Foto: privat

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