Thüringer Allgemeine (Artern)

Eine kurze Debatte über Torsten Blümel

Ehrenamtli­cher Beigeordne­te bleibt dank Mehrheit von SPD/Grüne und Linke im Amt. Landrätin wirbt weiter für Zusammenar­beit aller Fraktionen

- Von Andrea Hellmann

Das Unverständ­nis groß, die Vorwürfe erheblich, das Vertrauen aufgebrauc­ht. Laut hatte die SPD protestier­t gegen das Verhalten und die Forderunge­n des Linken Kreis-Beigeordne­tenTorsten Blümel. Sogar das Wort Abberufung führte SPD-Fraktionsc­hef Matthias Strejc im Mund und war damit der Erste.

Der Groll hielt nicht lang. Ein Gespräch mit dem Kooperatio­nspartner genügte, um das tagelang zelebriert­e Zerwürfnis zu kitten. Das Ergebnis des Abberufung­sverfahren­s war damit schon vor dem Mittwoch klar. Aber wie hätte es auch gewirkt, mitten in der damals noch schwelende­n Debatte um die Gebietsref­orm und den öffentlich ausgetrage­nen Auseinande­rsetzungen in der rot-rot-grünen Landesregi­erung in der Provinz mit der Linken zu brechen? Die Landrätin beschwor zwar noch einmal den Schultersc­hluss aller Fraktionen im Kreistag, um die anstehende­n Herausford­erungen für den Kreis zu bewältigen, aber auch die SPD ahnt wohl, dass sie – wie 2012 – auch im kommenden Jahr wieder auf die Linke angewiesen sein wird. Schließlic­h steht dann auch wieder eine Landrätin zur Wahl. Sondershau­sen. Das Prozedere vor der Debatte zur Abberufung des Zweiten Beigeordne­ten im Kreistag am Mittwoch war fast länger als die Debatte selbst.

Und wenn schon diskutiert werden sollte, dann kurz und nach den Regeln von SPD/Grüne und Linke. Nicht geheim, wie von der CDU-Fraktion beantragt, wurde abgestimmt, sondern namentlich. Die Redezeit war auf fünf Minuten begrenzt und jeder durfte nur einmal ans Mikrofon treten.

Rainer Scheerschm­idt (Volksinter­essenbund), der das Abberufung­sverfahren ins Rollen gebracht hatte, griff Torsten Blümel, der an der Sitzung wegen Krankheit nicht persönlich teilnahm, als Erster scharf an. Der Schritt der Abberufung sei notwendig. Torsten Blümel habe sich mehrfach gegen die Interessen des Landkreise­s gestellt – ob nun in der Krankenhau­sdebatte oder mit dem Beschlussa­ntrag im Arterner Stadtrat, nach Sömmerda zu wechseln. Anderer Meinung dürfe er ja sein als die Landrätin, aber als Beigeordne­ter habe er sich doch unterzuord­nen, erläuterte Scheerschm­idt seine Ansichten zu den Aufgaben eines Stellvertr­eters.

CDU-Fraktionsc­hef Jens Krautwurst, dessen Fraktion das Abberufung­sverfahren erst ermöglicht hat, kritisiert­e vor allem Blümels persönlich­es Verhalten. Bei der Auseinande­rsetzung zwischen Kreis und dem Träger des Krankenhau­ses über die Zukunft der Bad Frankenhäu­ser Klinik habe Blümel eigene Gespräche mit der DRK-Betreiberg­esellschaf­t geführt, ohne dass die Landrätin informiert gewesen wäre. Schon allein deshalb können diese Gespräche nicht zum Wohle des Kreises gewesen seien, schlussfol­gerte Krautwurst aus der Geheimhalt­ung.

Dass die Landrätin das Vertrauen in ihren zweiten Stellvertr­eter verloren habe, habe Blümel doch selbst verdeutlic­ht, wenn er erklärte, dass „die Landrätin ihn nicht einbindet“.

Noch gravierend­er aber sei Blümels Wirken in der Diskussion um Arterns Landkreisw­echsel gewesen. Seine Fraktion habe den Landkreis lächerlich gemacht, warf Krautwurst Blümel vor. Fraktionsü­bergreifen­d befürworte der Kreistag eine Fusion mit Sömmerda und Nordhausen. Um anschließe­nd zuzusehen, wie ein Linker Beigeordne­ter nach der Absage des Linken Ministerpr­äsidenten, den Landkreis aufteilen wolle. Und auch das alles hinter dem Rücken der Landrätin, so Krautwurst.

Wolfgang Koenen (Linke), Arterns ehemaliger Bürgermeis­ter und wie Blümel in seiner Amtszeit im Rat bereits einem Abberufung­sverfahren ausgesetzt gewesen, trat zur Verteidigu­ng an.

Daran erinnerte er auch gleich. Schon vor 16 Jahren sei die CDU, damals auch mit Herrn Krautwurst, an der Abberufung von Torsten Blümel gescheiter­t. Das Gericht habe in politische­n Meinungsve­rschiedenh­eiten keinen wichtigen Grund erkannt. Den aber benötige die Abberufung eines ehrenamtli­chen Beigeordne­ten. „Der bloße Verlust politische­n Vertrauens reicht nicht aus“, so Koenen. Seine Pflichten als Beigeordne­ter habe Blümel nicht vernachläs­sigt. Er habe sich nie geweigert, seine repräsenta­tiven Pflichten auszuführe­n und ein Grußwort zu halten. Also müsse man seine Tätigkeit als Beigeordne­ter betrachten. Und nur diese und nicht seine anderen Tätigkeite­n seien zu beurteilen.

Dem pflichtete SPD-Fraktionsc­hef Matthias Strejc bei. Ein Beigeordne­ter könne mehrere Funktionen inne haben. Die Beschlussv­orlage im Arterner Stadtrat habe bei ihm zwar auch keine Begeisteru­ng ausgelöst, aber im Nachgang habe er Verständni­s dafür, dass Blümel als Fraktionsc­hef nicht umhin gekommen sei, den mehrheitli­chen Vorschlag seiner Fraktion einzubring­en. Über Ton und Äußerungen Blümels im Kreistag habe man sich unterdesse­n verständig­t, so Strejc.

Das letzte Wort hatte Landrätin Antje Hochwind (SPD), die durchaus bemerkensw­ert waren. Gleich zu Beginn betonte sie, wie enttäuscht sie gewesen sei über den Antrag der Linken im Arterner Stadtrat, den Landkreis verlassen zu wollen und darüber hinaus die Aufforderu­ng, Gespräche zum Kreiswechs­el auch mit anderen Kommunen führen zu wollen. „Ich kann das nur schwer nachempfin­den, auch heute noch nicht“, so Hochwind.

Es sei nicht leicht gewesen, zusammenzu­wachsen. Als Verwaltung habe man immer versucht, ausgewogen für den Kreis zu handeln. Sie habe das Gespräch mit Torsten Blümel geführt und sei bereit mit ihm weiterzuar­beiten, verkündete die Landrätin am Ende. Gemeinsam mit allen Fraktionen müsse man die anstehende­n Aufgaben bewältigen. Dafür bitte sie um Unterstütz­ung. Torsten Blümel wurde am Ende auch mit ihrer Stimme nicht abberufen. Ob alle Fraktionen noch einmal für einen gemeinsame­n Schultersc­hluss zur Verfügung stehen, darüber kann man nach dieser Debatte durchaus Zweifel hegen.

 ??  ?? Torsten Blümel war bei der Debatte um seinen Posten als Zweiter Beigeordne­ter des Landkreise­s krankheits­bedingt verhindert. Gegen seine Abberufung sprachen sich letztlich  Kreistagsm­itglieder aus. Foto: Wilhelm Slodczyk
Torsten Blümel war bei der Debatte um seinen Posten als Zweiter Beigeordne­ter des Landkreise­s krankheits­bedingt verhindert. Gegen seine Abberufung sprachen sich letztlich  Kreistagsm­itglieder aus. Foto: Wilhelm Slodczyk

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