Vision vom Wald bestimmt den Einschlag
Auch wenn Kunden- und Ertragswünsche zu erfüllen sind, lässt Andreas Knoll Bäume nur mit Bedacht fällen
Braunsroda. Ab 28. September ist die Heidelbergstraße in Braunsroda wegen einer Kabellegung halbseitig gesperrt.
Quelle: Straßenverkehrsbehörde des Landratsamtes Sondershausen. Schon im Büro hatte Förster Andreas Knoll vor Augen, welche Bäume er jetzt im Waldstück mit dem Namen Geschling an der Westflanke vom Possen fällen lässt. Hier kann er sogar schon vor dem offiziellen Saisonbeginn am 1. Oktober mit dem Einschlag beginnen. Der Waldabschnitt sei eine von lediglich zwei kleinen Teilflächen seines Reviers, die nicht als Flora-Fauna-Habitat geschützt sind. In den Schutzgebieten ist es verboten, während der Zeit, in der die meisten Tiere des Waldes brüten oder ihre Jungen aufziehen, Bäume zu fällen. Im Geschling gelten diese Einschränkungen nicht. Trotzdem ließ Knoll die Sägen mitten im Sommer nicht kreischen.
Jeder Baum liefert gleich mehrere Sortimente Holz
Auch die Wünsche von Großkunden aus der Holzbranche hatte der Revierleiter im Hinterkopf als er den Einschlag plante. Ebenso die Ertragserwartungen von seinem Arbeitgeber Thüringenforst. „Wir Forstleute hegen den Wald natürlich, damit er uns Erträge bringt. So steht schon seit 2015 fest, dass hier insgesamt etwa 600 Festmeter Holz in zwei Einschlägen, einer jetzt und der zweite im nächsten Jahr gewonnen werden sollen“, stellt Knoll klar.
Ebenso lange macht er sich auch schon Gedanken, welche Bäume fallen können, um dem Wald in seiner Struktur nicht zu schaden. „Dabei ist es für mich wichtig, wie der Wald in 20, 30 oder mehr Jahren aussehen soll. Weniger Rücksicht nehme ich dabei darauf, was die Holzkäufer gerade wollen.“
So hat Knoll auch im Geschling nicht einfach massenhaft die dort häufig vorkommenden Fichten markiert, obwohl deren Holz jetzt gute Gewinne sichern würde. Er lässt außerdem Buchen und Eichen schlagen, die weniger Erlös bringen. „Wenn man an einem gesunden Wald arbeiten will, kann man sich nicht allein am kurzfristigen Gewinn orientieren“, schildert der Förster seine Devise.
Die Kunden kämen trotz allem nicht zu kurz, weiß der Fachmann. Aus einem einzigen gefällten Baum könnte Holz für die unterschiedlichsten Ansprüche gewonnen werden erklärt Knoll. Außerdem lieferten verschiedene Baumarten auch unterschiedliche Holzqualitäten für ein breites Spektrum an Verarbeitungsvarianten. „Wenn ich das schon im Auge behalte, wenn ich die Bäume für den Einschlag auswähle, fällt davon eigentlich für jeden Kunden das gewünschte Holz ab“, ist Knoll überzeugt.
Selbst die kräftigen Fichten aus dem Geschling liefern nicht nur das bei Sägewerkern begehrte Stammholz, aus dem kerzengerade Bretter und Leisten geschnitten werden können. Mit bis zu 50 Prozent liege der Anteil solchen Holzes von höchster Qualität bei der Fichte immerhin deutlich höher als bei Buche, Eiche oder Ahorn, erklärt Knoll.
Für die schwächeren oder nicht ganz geraden Abschnitte, egal ob von Nadel- oder Laubbäumen habe er auch längst Abnehmer. Die wollen daraus vor allem Parkett herstellen, wie der Förster weiß. Die Firma Pollmeier, ein großer Holzverarbeiter in Thüringen, der seit Jahren am Possen einkauft, nimmt inzwischen auch Stücke ab, die als Schnitt- oder Parkettholz nicht mehr taugen, wie Knoll berichtet. Diese würden in einem Werk bei Eisenach gekocht, in Schichten geschält und zu einem extrem haltbaren Werkstoff, sogenanntem LVL (Laminated Veneer Lumber) einer neuen Variante von Furnierschichtholz, verleimt, erklärt er.
Baumabschnitte, die sich selbst für diese neue Verarbeitungsform nicht eignen, werden entweder als Paletten- oder Industrieholz verkauft. Aus letzterem entstehen Produkte wie Holzpellets für moderne Heizungen, Papier oder Viskosefasern. Und selbst wenn diese Sortimente aussortiert sind, bleibt vom geschlagenen Holz immer noch ein Rest, der durch Baumkrankheiten oder Brüche so beschädigt ist, dass er nur noch zu Energieerzeugung ins Heizkraftwerk nach Bischofferode wandere, erklärt Knoll weiter.
Selbst damit sind noch nicht alle Ressourcen erschöpft, die beim Holzeinschlag freigelegt werden. Ein großer Teil des Astwerks bleibt im Wald zurück und geht dort in den natürlichen Biomassekreislauf ein.