Thüringer Polizei hört künftig von Sachsen aus Telefone ab
Der Landtag soll kommende Woche erstmals darüber abstimmen. Datenschutzbeauftragter sieht noch Regelungsbedarf
Erfurt. Die Thüringer Polizei soll in zwei, drei Jahren von Leipzig und Dresden aus Telefongespräche mithören. Kommende Woche wird im Landtag unter anderem über den Staatsvertrag abgestimmt, mit dem Thüringen der künftigen PolizeiAbhörzentrale für Mitteldeutschland beitritt.
Innenminister Georg Maier (SPD) unterzeichnete das Dokument als eine seiner ersten Amtshandlungen vor zwei Wochen. Lange Zeit waren vor allem die Links-Partei und die Grünen skeptisch bei dem Vorhaben, dass Thüringens Polizei künftig von Sachsen aus die Telefone überwachen soll.
Klare Verantwortlichkeiten müssten geregelt, der Datenschutz eingehalten und die Parlamentarische Kontrolle von Thüringen aus gesichert werden, nennt Grünen-Fraktionschef Dirk Adams Bedingungen einer Zustimmung seiner Fraktion. Darüber seien sich die Regierungsfraktionen einig.
Unklar war gestern noch, ob der Staatsvertrag in den Innenausschuss überweisen werden soll oder mit einer zweiten Lesung vom Parlament gleich verabschiedet wird.
Auch Steffen Dittes, Innenexperte der Linksfraktion, setzt auf eine Zustimmung seiner Fraktion. Die Linke erwartet, dass beispielsweise die polizeilichen Ermittler auch künftig nur Zugriff auf Telekommunikationsdaten aus ihrem Zuständigkeitsbereich – also ihren jeweiligen Bundesländern – erhalten. Dass dafür weiter die Strafprozessordnung oder das Thüringer Polizeirecht gelten, auch wenn die Technik des gemeinsamen Abhörzentrums in Sachsen stehe. Dittes fordert zudem, dass Verfassungsschutzbehörden der Zugriff auf die Telekommunikationsdaten verwehrt bleibt.
Er kündigt einen gemeinsamen Entschließungsantrag von Rot-Rot-Grün an.
Keinen Zweifel an der „staatspolitischen Notwendigkeit“einer Zustimmung zum Staatsvertrag lässt die CDU-Fraktion aufkommen.
Die AfD will erst nach den Beratungen über ihr Abstimmungsverhalten entscheiden.
Kritischer sieht Thüringens Datenschutzbeauftragter Lutz Hasse das Vorhaben. Ihn und seine vier beteiligten Länderkollegen interessiere vor allem, wer wann auf welche Daten Zugriff erhalte und diese wie verarbeite. Welche Technik und Software eingesetzt werde und welcher Schutz vor Cyberangriffen geplant sei, erklärte er gestern.
Entscheidend wäre, wie die Vorgaben des Staatsvertrags in den künftigen Betriebsanweisungen umgesetzt werden, so der Experte. Er verweist auf eine ähnliche Abhörzentrale in Norddeutschland. „Dort habe es eine Weile gedauert, bis die datenschutzrechtlichen Belange umgesetzt worden waren“, so Lutz Hasse.
Thüringen zahlt im ersten Geschäftsjahr rund 836 000 Euro und im Jahr darauf 1,4 Millionen Euro für das Abhörzentrum.