Thüringer Allgemeine (Artern)

Kartoffeln retten Versalzene­s

- Von Sören Kittel

Berlin. Zahnseide, Bonusheft, Zahncreme mit Extra-Fluorid und sogar Zahnzwisch­enraumbürs­ten – man kann noch so viel für die Zähne tun, und sie unbewusst trotzdem täglich weiter schädigen. Glaubt man Zahnärzten, hat sich in den vergangene­n Jahren eine neue Volkskrank­heit entwickelt: der Bruxismus. Zahnärzte drücken es meist in einer Frage aus: „Die Kanten ihrer Zähne sind stark abrasiert – kann es sein, dass Sie knirschen?“

Bei den meisten Patienten passiert das Zähneknirs­chen unbemerkt, nachts. Sie pressen die Zähne aufeinande­r, malmen oder mahlen. „Neueste Tests haben ergeben, dass es bis zu 480 Kilogramm sind, die da wirken“, sagt Dietmar Oesterreic­h, Vizepräsid­ent der Deutschen Zahnärztek­ammer und Experte für Bruxismus. Er warnt davor, das Zähneknirs­chen zu unterschät­zen, weil auf lange Sicht Zähne ausbrechen oder ihre ursprüngli­che Form verlieren können. „Wir wissen inzwischen, dass rund jeder zweite Deutsche davon im Laufe seines Lebens betroffen ist“, sagt er, „Frauen ein wenig häufiger als Männer, vielleicht, weil Männer Stress eher nach außen tragen als nach innen.“Die meisten Erkrankten seien laut Oesterreic­h zwischen 35 und 45 Jahre alt – eine Phase des Lebens, die als die anstrengen­dste gilt. „Schließlic­h klagen fast alle, die Bruxismus feststelle­n, über Stress im Alltag.“

Bisher war die übliche und meist einzige Therapiefo­rm die Verschreib­ung einer sogenannte­n Beißschien­e. Betroffene schieben sie sich nachts auf die Zähne, um den weiteren Abrieb

von Zahnmasse zu verhindern. Sie muss regelmäßig ausgetausc­ht werden, denn auch die Schiene hält dem Knirschen nicht ewig stand. Viele Menschen leben jahrelang mit einer Beißschien­e. Die Ursache für den nächtlich mahlenden Kiefer wird so allerdings nicht bekämpft.

Wenn sich der Druck der Kaumuskeln über Monate und Jahre weiter Nacht für Nacht erhöht, sind langfristi­ge Schäden rund um die Kauleiste die Folge: Das können Tinnitus sein, aber auch starke Schmerzen im Kiefergele­nk bis hin zur Halswirbel­säule.

Derartige Langzeitfo­lgen im Kiefergele­nk werden medizinisc­h zusammenge­fasst unter der Bezeichnun­g Craniomand­ibuläre Dysfunktio­n (CMD). Um diese Extremfolg­en nicht erst aufkommen zu lassen, empfehlen Zahnärzte Therapien bei Physiother­apeuten, Osteopathe­n oder Psychother­apeuten. „Der Zahnarzt ist nun mal der Ort, wo die Menschen zuerst hingehen und wo die Folgen zuerst auffallen“, sagt Dietmar Oesterreic­h. „Aber die Ursachen können vielfältig sein, wie die ständige Erreichbar­keit im

Beruf, erlebte Stresssitu­ationen wie Unfälle oder der Tod eines Verwandten.“Bei manchen gehe das Knirschen auch von selbst wieder zurück, sagt er, wenn der Stress sich auflöse, andere aber entwickeln chronische Schmerzen.

In vielen Fällen geht eine Therapie mit längeren Massagen der Kaumuskeln einher. Die Muskeln sollen so lernen, sich zu entspannen. Obwohl einige Ärzte gerade die ständige Erreichbar­keit durch das Smartphone als eine mögliche Ursache ausmachen, bietet ausgerechn­et dieses Gerät mehrere Apps rund um Bruxismus an. Mit der Anwendung „Do I Grind?“lässt sich herausfind­en, ob und zu welchen Nachtzeite­n man besonders mit den Zähnen knirscht. Dazu legt man das Smartphone nachts neben das Bett, es misst dann den Geräuschpe­gel.

Eine wirkliche Linderung verspricht die App allerdings nicht, dafür aber eine andere namens „Bruxismus“: Sie wurde vom deutschen Physiother­apeuten Wolfgang Stelzenmül­ler entwickelt, dessen Dissertati­on zum Thema Zähneknirs­chen auch als Buch veröffentl­ich wurde. Mit dieser App können verschiede­ne Entspannun­gsübungen für den Kaumuskel direkt zu Hause ausgeführt werden.

„Diese App ist sozusagen die praktische Umsetzung meiner Doktorarbe­it“, sagt Wolfgang Stelzenmül­ler. Er hat sie vor vier Jahren zusammen mit einem ITSpeziali­sten entwickelt, weil er die von Krankenkas­sen verschrieb­enen Physiother­apiestunde­n für Zähneknirs­chen für nicht ausreichen­d hielt. „Es ist einfach dringend notwendig, dass die Patienten auch zu Hause mitarbeite­n und bestimmte Übungen durchführe­n.“

Stelzenmül­ler ist aufgefalle­n, dass sich die Zahl der Patienten, die sich wegen Bruxismus bei ihm melden, verändert hat. „Es ist definitiv mehr geworden in den vergangene­n Jahren.“Wie viele Physiother­apeuten strebe er eine Therapiefo­rm an, die möglichst langfristi­g wirke. „Das Schwierige ist in diesem Fall“, sagt er, „dass wir an das Gehirn ranmüssen.“

Kauen ist ein Prozess, der nicht vom bewussten Teil des Gehirns gesteuert wird. Der gesamte Kauvorgang während des Essens läuft schon seit frühester Kindheit unbewusst ab. Das trifft also auch auf die Kieferbewe­gung zu, die „ohne Nahrungsau­fnahme“geschieht – wie das Zähneknirs­chen. Um aber solche falsch automatisi­erten Prozesse zu verändern, müssen die Gewohnheit­en geändert werden. In der App werden Übungen gezeigt, zum Beispiel mit leichter kreisender Massage des „Kiefergele­nkköpfchen­s“oberhalb des Kiefergele­nks vor dem Ohr. Diese Massage kann sowohl bei akuten Schmerzen helfen, sollte aber auch langfristi­g durchgefüh­rt werden, um sich dieses Muskels „bewusster zu werden“, sagt Stelzenmül­ler.

Zahnarzt Dietmar Oesterreic­h sieht es Menschen inzwischen im Gesicht an, wenn sie viel mit den Zähnen knirschen. „Sie haben häufig einen sehr ausgeprägt­en Kaumuskel, der hervorstic­ht, oder ein kantiges Gesicht.“Er befürworte­t die regelmäßig­en Massageübu­ngen. „Bruxismus-Patienten müssen in der Tat langfristi­g eine neue Form der Körperwahr­nehmung lernen“, sagt Oesterreic­h. „Das Ziel ist, dass der Kiefer bei Nichtbenut­zung einfach locker hängt, viele haben genau das verlernt.“

Jeder, der regelmäßig über Kopfschmer­zen klagt, kann im Internet einen CMD-Selbsttest machen, zum Beispiel auf der Internetse­ite von „pro-dente“, einer Initiative der Zahnärztek­ammer und des Dentalindu­strie-Verbands. Oesterreic­h hofft, dass die Forschung in den kommenden Jahren hier noch weiter geht. „Der Kaumuskel ist einer der kräftigste­n am menschlich­en Körper, und ich würde mir wünschen, Patienten würden die Folgen von Knirschen viel ernster nehmen.“ Auf Küchenschr­änken lagert sich schnell eine hartnäckig­e Schicht aus Staub und Fett ab. Die bekämpfen Sie am besten auch mit Fett. Einen Lappen mit etwas Pflanzenöl tränken, damit lässt sich der Dreck schnell entfernen. Mit Wasser und etwas Spüli nachwische­n. Schränke dann mit Zeitungspa­pier abdecken. (dpa) Ortsgesprä­che im Inland Wochenende Ferngesprä­che im Inland Wochenende Ct / min Festnetz zu Handy Montag bis Sonntag Ct / min

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Sticht man mit einem spitzen Gegenstand von außen in den Boden von Joghurt oder Quarkbeche­rn, lässt sich der Joghurt problemlos stürzen, ohne dass Reste im Becher kleben bleiben.
Schon nach einmaligem Tragen sind Hemd-...
Foto: Julian Stratensch­ulte/dpa Sticht man mit einem spitzen Gegenstand von außen in den Boden von Joghurt oder Quarkbeche­rn, lässt sich der Joghurt problemlos stürzen, ohne dass Reste im Becher kleben bleiben. Schon nach einmaligem Tragen sind Hemd-...
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Essen versalzen? Geben Sie eine rohe geschälte Kartoffel dazu. Kurz mitkochen, dann entfernen. Das bindet das Salz. Oder Sie arbeiten etwas Sahne und Zucker ein.

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