Das muss die neue Regierung anpacken
Wer auch immer nach der Bundestagswahl die Mehrheit haben wird: Es warten jede Menge Konflikte
Berlin. Wie lange die Koalitionsverhandlungen nach der Bundestagswahl dauern werden, ist völlig unklar. Wahrscheinlich werden sie ähnlich hart werden wie vor vier Jahren. Damals hat die neue Regierung ihre Ernennungsurkunden erst am 17. Dezember bekommen. Auch dieses Mal werden die Minister wohl erst um den Jahreswechsel herum anfangen zu regieren. Viele Themen und Aufgaben, die auf sie zukommen werden, zeichnen sich aber schon jetzt ab. Ein Überblick: Terrorabwehr wird auch nach der Wahl eines der wichtigsten Themen der neuen Regierung überhaupt bleiben. Ein neuer Innenminister wird die Zahl der Polizisten in Bund und Ländern weiter erhöhen und für mehr ITSicherheit sorgen. Diskutieren wird die nächste Koalition, ob mögliche Cyberangriffe mit Gegenattacken beantwortet werden sollen, ob der Verfassungsschutz Kinder (unter 14 Jahre) beobachten soll und ob es mehr Videoüberwachung und elektronische Gesichtserkennung geben wird. In der Flüchtlingspolitik muss gleich zu Beginn über den Familiennachzug für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus entschieden werden. Das aktuelle Verbot läuft bis März 2018, eine Nachfolgeregelung ist zwingend. Die CSU drängt auf eine jährliche Obergrenze (200 000) für Migranten. An Arbeit wird im Sozialressort kein Mangel sein: Das große Thema Flüchtlingsintegration verlagert sich zunehmend aufs Arbeitsministerium, jetzt geht es um die Eingliederung der Migranten in den Arbeitsmarkt. Das wird eine Herkulesaufgabe. Parallel muss das Ressort eine Strategie gegen den verschärften Fachkräftemangel und für den Abbau der verfestigten Langzeitarbeitslosigkeit entwickeln. Auf dem Programm steht auch eine Reform des Arbeitszeitgesetzes, um flexiblere Arbeit in Zeiten der Digitalisierung zu ermöglichen. Eine Großbaustelle bleibt die Rentenpolitik: Hier wird es entweder eine Expertenkommission geben, die über neue Reformen berät – das ist die Idee der Union. Oder die nächste Koalition versucht bereits jetzt, das Rentenniveau zu stabilisieren – das wollen die möglichen Koalitionspartner SPD und Grüne. Einzelne Reformen wie die Einbeziehung von Selbstständigen in die Rentenversicherung wird es so oder so geben. Der nächste Finanzminister wird auf jeden Fall eine Steuerreform planen. Fast alle Parteien haben im Wahlkampf mehr oder weniger starke Steuersenkungen für die Bürger versprochen, die müssen nach der Wahl umgesetzt werden. Konflikte mit den Bundesländern, die einen Teil der Einkommensteuer erhalten und dann mit weniger Einnahmen auskommen müssten, sind dabei programmiert. Auch die Zukunft der Euro-Zone und deren Umbau wird ein Thema für den nächsten Finanzminister sein. Auf der Agenda bleiben die Steuervermeidung durch große Konzerne und die Austrocknung von Steueroasen. Über Langeweile kann sich der nächste Gesundheitsminister nicht beklagen: Deutschland hat zu wenige Pflegekräfte in Kliniken und Altenheimen und zu wenige Ärzte auf dem Land. Die Digitalisierung und Vernetzung im Gesundheitswesen ist eine Dauerbaustelle, die elektronische Gesundheitskarte noch immer nicht einsatzfähig. Schon die alte Regierung hat mit den Pflegereformen oder der Krankenhausreform viele Milliarden Euro ins System gepumpt. Die menschenwürdige Versorgung einer alternden Gesellschaft dürfte noch teurer werden. und Väter mit Schulkindern brauchen Unterstützung: Noch immer müssen berufstätige Eltern ihr Lebensmodell umkrempeln, wenn die Kinder eingeschult werden und auf einmal wieder mittags zu Hause sind. Die neue Ministerin oder der neue Minister werden die Ganztagsbetreuung schneller und besser ausbauen müssen. Die zweite große Baustelle ist die Kinderarmut. Jedes fünfte Kind wächst in einer armutsgefährdeten Familie auf – diese Quote zu drücken, das wäre ein echter Erfolg für die nächste Regierung. Druck und Geld vom Bund – für die Digitalisierung des Unterrichts, die Renovierung der Schulen, die Angleichung der Lehrpläne.