Thüringer Allgemeine (Artern)

Im Goldrausch

Gustav Klimt – ein prachtvoll­es Buch, einem Manne der Superlativ­e gerecht werdend

- Von Petra Lowe

Die Frau in Gold „Adele BlochBauer I“(1907) oder „Der Kuss“(1908/09) – es gibt viele Gemälde von Gustav Klimt (1862–1918), die uns bekannt sind. Vor allem aber sind es die gülden eingefange­nen sinnlichen Momente, die den Nichtso-Kunstbefli­ssenen sofort ein „ach, ja, den kenn’ ich“entfleuche­n lassen. Dabei wäre der große Mann des Jugendstil­s beinahe der Vergessenh­eit anheim gefallen. Herausgebe­r und Autor Tobias G. Natter, Kunstwisse­nschaftler und exzellente­r Kenner des Jugendstil­s, berichtet in dem vom Taschen Verlag jetzt vorgelegte­n Buch „Gustav Klimt. Sämtliche Werke“, dass mit dem Einzug der Moderne in der Malerei Klimt manchem als seine neue Ästhetik allerdings als Wiener Besonderhe­it und quasi Nebenprodu­kt. Klimts ornamental­e Malerei und der Drang der Moderne nach Abstraktio­n scheinen nicht vereinbar. Welch ein Irrtum. Erst Anfang der 60er-Jahre wurde der Meister wiederentd­eckt. Heute ist kaum vorstellba­r, dass seine Bilder zunächst nicht allein ausgestell­t, sondern nur mit Egon Schieles Bildern gezeigt wurden. Man habe Angst gehabt, so Natter, dass Klimt die Ausstellun­g allein nicht tragen würde – inhaltlich, malerisch, meisterlic­h. Seitdem haben die Bilder des Wiener Malers einen neuen Siegeszug angetreten – wenngleich oft auch kommerzial­isiert auf Gläsern, Kalendern oder Etuis. Ob ihm dies heute gefiele? Eine Antwort kann nur erahnt werden – auch und besonders durch die Lektüre der Aufsätze im neuen Klimt-Band. Darin sind nicht nur das Werk Klimts von den Anfängen als Salonmaler über die Frauenport­räts bis zu den Landschaft­en aus dem Spätwerk und seine Zeichnunge­n zusammenge­fasst. Neueste Forschungs­ergebnisse, die Einordnung der Diskussion­en über sein Werk und Fotos geben Aufschluss über einen ganz Großen der Zeit. Und für den Leser ist diese Erkenntnis gepaart mit der Betrachtun­g all seiner Gemälde in hervorrage­nder Reprodukti­on einschließ­lich noch nie so gezeigter Details des Stoclet-Frieses in Brüssel. Das ist höchster Genuss.

Gustav Klimt. Taschen Verlag,  Seiten; , Euro

 ??  ?? Hinderer galt. Die Rezeption seines Werkes schwankte zu seinen Lebzeiten zwischen Herabwürdi­gung als Dekoration­smalerei und Begeisteru­ng für den „Bannerträg­er der Moderne“. Nach seinem Tod 1918 galt
Hinderer galt. Die Rezeption seines Werkes schwankte zu seinen Lebzeiten zwischen Herabwürdi­gung als Dekoration­smalerei und Begeisteru­ng für den „Bannerträg­er der Moderne“. Nach seinem Tod 1918 galt

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