Die AfD, Stresemann und ein Verein in Jena
Laut einem Zeitungsbericht will die AfD von Thüringen aus ihre neue politische Bundesstiftung etablieren. Doch die Beteiligten dementieren
Erfurt. Seit gut sechs Jahren existiert eine Gustav-Stresemann-Stiftung in Jena, genauer: ein eingetragener Verein selben Namens. Sitz ist der sogenannte Rote Turm am Löbdergraben, in dem unter anderem der Rechtsanwalt Wolfgang Beyer eine Kanzlei betreibt. Laut Internetseite sieht sich der Verein als „eine Lobby für die Freiheit“.
Einziges erkennbares Projekt der sogenannten Stiftung ist ein Netzportal mit der Adresse www.linksextremismus.org, mit dem linksradikale Gewaltstraftaten erfasst werden sollen. Offenbar wurde es seit 2013 nicht mehr aktualisiert.
Doch nach einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und sagte: „Ich würde begrüßen, wenn sie Gustav-Stresemann-Stiftung heißen würde.“
Wird also in Jena die neue politische Stiftung der AfD entstehen? Rechtsanwalt Beyer bezeichnete gestern gegenüber der Thüringer Allgemeinen den FAZ-Bericht „schlicht als falsch“. Es habe „lediglich einen Wechsel im Vorstand gegeben“, per Wahl durch die Mitglieder. Gelder seien nicht geflossen.
Selbst Hannes Kernert, der neue stellvertretende Vereinschef, dementierte klar. Er gehöre als Einziger im vierköpfigen Vorstand der AfD an, sagte er der TA. „Außerdem haben wir nicht vor, daraus eine politische Stiftung zu machen.“
Auch der Sprecher des thüringischen AfD-Landeschefs Björn Höcke präsentierte sich gestern überrascht. Es gebe zwischen dem Landesverband und dem Verein in Jena keinerlei Kontakt, sagte Torben Braga.
Ebenso wies er zurück, dass Höcke einen brandenburgischen Konkurrenzverein namens „Akademische Erasmus Stiftung e. V.“unterstütze: „Das ist absoluter Humbug.“
Doch warum sitze dann der Thüringer Bundestagsabgeordnete Jürgen Pohl, der bis vor Kurzem noch Höcke als Büroleiter diente, in dem Vereinsvorstand der Erasmus-Stiftung? Dies sei eine reine Formalie, sagt Braga, durch Zufälle und Bekanntschaften entstanden. Die Vereinschefin Victoria Tuschik agiere „auf eigene Rechnung“, es gebe keine Verbindung zu Höcke, der Thüringer AfD oder dem „Flügel“.
Richtig erscheint in jedem Fall, dass die AfD eine politische Stiftung gründen will und dass es mehrere parteinahe Initiativen und Vereine gibt, die diesen Schritt vorbereiten. Schließlich geht es um viel Geld: Die politischen Stiftungen in Deutschland verfügen insgesamt über etwa 500 Millionen Euro im Jahr.
Die FDP verwahrte sich übrigens empört dagegen, dass Gauland den nationalliberalen Reichskanzler der Weimarer Republik für die AfD vereinnahmen will. Es sei „makaber“und „geschichtslos“, wenn die Partei ausgerechnet einen europäischer Versöhner zum Namensträger ihrer Stiftung mache, sagte Parteivize Wolfgang Kubicki.