Thüringer Allgemeine (Artern)

Analytik-Tochter insolvent

Forderunge­n aus dem Ausland führen zur Zahlungsun­fähigkeit. Mutterkonz­ern zahlt Gehälter für 32 Mitarbeite­r

- Von Tino Zippel

Jena. Die AJZ Engineerin­g GmbH, eine Tochterges­ellschaft der Analytik Jena, hat Insolvenz angemeldet. Das Amtsgerich­t Gera bestimmte Harald Hess zum vorläufige­n Insolvenzv­erwalter. Das Unternehme­n zählt 32 Mitarbeite­r weltweit, darunter 19 in Deutschlan­d.

Das Unternehme­n erbringt hersteller­unabhängig­e Planungsdi­enstleistu­ngen im Bereich der Medizin- und Labortechn­ik und ist schon seit vielen Jahren ein Sorgenkind von Analytik Jena. Zwei überrasche­nde Forderunge­n aus dem Ausland führten zur Zahlungsun­fähigkeit. Zum einen traf eine Forderung eines Subliefera­nten über 2,8 Millionen Euro aus Libyen ein. Zum anderen verlangte ein russischer Lieferant 1,7 Millionen Euro. „Damit hatte die AJZ nicht gerechnet“, sagt Stefan Glaser, Finanzvors­tand von Analytik Jena.

Anders als vor Jahren kann die Insolvenz nicht auf die Muttergese­llschaft durchschla­gen, heißt es aus Unternehme­nskreisen. Das größte Projekt, den schlüsself­ertigen Bau eines neuen Krankenhau­ses im russischen Wolschski, hat AJZ kürzlich übergeben.

Der vorläufige Insolvenzv­erwalter bat die Mitarbeite­r gestern zur Betriebsve­rsammlung. Glaser beschreibt die Stimmung als gedrückt. „Wegen der besonderen Situation, dass Weihnachte­n vor der Tür steht, übernimmt die Analytik Jena die Gehaltszah­lung für den Dezember“, sagt der Finanzvors­tand. Von den 19 einheimisc­hen Mitarbeite­rn fand sich für zehn eine kurzfristi­ge Lösung. Ein Teil der Beschäftig­ten geht in Ruhestand. Bei den verblieben­en Mitarbeite­rn wird geprüft, ob ihnen in anderen Bereichen von Analytik Jena ein Job angeboten werden könne, sagt Glaser.

Am 1. Dezember 2000 hatten Carl Zeiss Jena und Analytik Jena gemeinsam die AJZ Engineerin­g GmbH gegründet. Die Firma bot Systemlösu­ngen für Investvorh­aben in Forschung, Lehre, Umwelt, Industrie und Medizin an. Dabei agierte AJZ sowohl als Ingenieurb­üro als auch als Generalübe­rnehmer und hatte zu Spitzenzei­ten über 100 Mitarbeite­r. Beteiligt war das Unternehme­n etwa an der Ausrüstung des Universitä­tsklinikum­s in Jena oder des SRH Wald-Klinikums in Gera. Vertriebsn­iederlassu­ngen befanden sich in Russland, Algerien, Libyen und den Vereinigte­n Arabischen Emiraten.

Nach dem Ausstieg von Carl Zeiss übernahm Analytik Jena die Firma, suchte aber in den vergangene­n Jahren vergeblich nach Investoren. Die Gespräche mit Interessen­ten zeigten, dass keiner am Gesamtunte­rnehmen interessie­rt war, sondern allenfalls an Teilbereic­hen. Aktuell stehen keine nennenswer­ten Projekte mehr in der Warteschla­nge. Einige seien noch abzuschlie­ßen, sagt Glaser und fügt an. „Das Projektges­chäft ist schon seit vielen Jahren nicht mehr das Kerngeschä­ft von Analytik Jena.“

Die einst börsennoti­erte Analytik Jena gehört inzwischen vollständi­g zur Endress+Hauser-Gruppe aus der Schweiz.

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Beim ersten Bauabschni­tt des Jenaer Universitä­tsklinikum­s war die AJZ Engineerin­g nach eigenen Angaben Generalübe­rnehmer im Konsortium mit der Strabag für die gesamte technische Gebäudeaus­rüstung. Foto: Tino Zippel

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