Robuste Arten wie Ginkgo lösen Bergahorn und Esche ab
Ein Forschungsprojekt soll herausfinden, welche Bäume in Erfurt künftig dem Klimawandel standhalten können
Erfurt. Man hat es heute nicht leicht als Stadtbaum. Früher war es noch zum Aushalten. Aber seit Jahren wird es immer schlimmer. Abgase, Hitze. Starkregen, Extremwetterlagen, Streusalz, Hundepipi und eingepferchte Wurzeln – es ist nicht mehr schön. So zieht es mancher der rund 70 000 öffentlichen Schattenspender in der Stadt vor, das Zeitliche zu segnen. Rückt dann das Fällkommando mit Kettensäge an, ist die Empörung meist groß, denn der Städter liebt seine grünen Freunde.
Doch heute büßt mancher Baum für die Fehler der Vergangenheit. Man setzte in der Zeit nach der Wiedervereinigung, als viele Straßen saniert oder neu gebaut wurden, zum Beispiel gern zur Begrünung auf Acer pseudoplatanus, den Bergahorn. Man schätzte seine Robustheit. Ein Fehler, wie man heute weiß. Den Herausforderungen der Stadt hielt er nicht stand. „In Erfurt werden in den nächsten Jahren einige Tausend Bäume aus eben diesem Grund gefällt werden. Sie haben keine Perspektive, um zu überleben“, sagt Jens Düring, Erfurts oberster Baumschutzsachverständiger. Das sei nicht gleichbedeutend mit kahlen Stellen. Man hat längst umgedacht, will aus den Fehlern lernen: Mit einem Forschungsprojekt, das einen positiven und nachhaltigen Ansatz verfolgt. Man möchte das Stadtgrün für die Zukunft fit machen. Aber dazu muss man wissen, wie sich die Bedingungen an welcher Stelle wie auswirken. Um das herauszuarbeiten, bekam das Forschungsprojekt eine Zuwendung des Bundesumweltamtes – konkret 143 000 Euro. Der Betrag deckt 80 Prozent der Gesamtsumme ab. 20 Prozent – zirka 28 600 Euro – übernimmt die Stadt. An drei exponierten Stellen in Erfurt soll bis Januar 2020 herausgefunden werden, wie welche Bäume auf die Veränderung des Klimas reagieren. Um in Zukunft die richtigen Arten an der richtigen Stelle anzupflanzen, die den Umwelteinflüssen widerstehen können. Statt Bergahorn könnten dann zum Beispiel Ginkgo-Bäume die wenig resistenteren Arten wie Esche oder Bergahorn langfristig ablösen. Auch noch weitgehend unbekannte Arten sind im Gespräch – Amberbaum, ungarische Eiche, virginische Hopfenbuche, Lederhülsenbaum. Deren Lebenserwartung liegt dann auch weitaus höher. Denn hatte ein Baum in der Stadt früher durchaus 100 Jahre und mehr auf dem Buckel, sank die Standzeit aus den bekannten Gründen zuletzt auf lediglich 30 oder 40 Jahre.
Mit kluger Pflanzung und Artenvielfalt könnte man die Folgen des Klimawandels abmildern, für Sauerstoff, kühlenden Schatten, Lärmschutz und ein besseres Mikroklima in Erfurt sorgen, wie Kathrin Hoyer, Erfurts Umweltbeigeordnete, hervorhob. Für das Forschungsprojekt soll an drei verschiedenen Standorten mit unterschiedlichsten Einflussfaktoren getestet werden, welche Bäume in Frage kommen. Vorgesehen ist ein Standort im verdichteten Gründerzeitviertel, einer in einem Plattenbaugebiet und einer in der Oststadt, die es eigentlich noch nicht so richtig gibt.
Die Ausschreibung startet in Kürze, der Start des Forschungsprojektes könnte bereits im Februar erfolgen. Die Ergebnisse möchte man dann im Rahmen der Bundesgartenschau 2021 präsentieren.
Mit 143 000 Euro fördert der Bund die Forschung