Ein Deutscher verblüfft den Darts-Zirkus
Jeder Experte hat Kevin Münch belächelt. Dann bezwang er den Ex-Weltmeister. Am Mittwoch greift der Bochumer bei der WM weiter an
London. Zuerst schaute er so verhuscht, als könnte er selbst nicht glauben, was er da geleistet hatte. Dann schlug die Stimmung um. Er trommelte auf seine Brust und schrie in die Nacht hinein. Die Anspannung fiel ab, die Freude über den Sieg musste raus aus diesem gewaltigen Körper. Kevin Münch, ein Junge aus dem Ruhrgebiet. Die Menge tobte. Als Außenseiter angetreten und nach zwei Spielen zum FanLiebling bei der Darts-WM in London geworden.
Minutenlang skandierte das Publikum im für seine hitzige Atmosphäre bekannten Darts-Palast Ally Pally seinen Namen. „Was die Crowd abgezogen hat, war genial“, so Münch. Er meinte das Publikum. „The Dragon“– der Drache – nennt sich der 29Jährige im Darts-Zirkus, wo Künstlernamen Teil der Inszenierung sind.
„Das ist so geil. Ich bin total durch und fertig wie hundert Brote“, sagte er in seiner bodenständigen Art. Es war nicht der Moment für fein geschliffene Sätze. Sie würden ohnehin nicht passen zu dieser wundersamen Welt aus Party und Präzisionssport. Seit seinem Sensationssieg über den zweimaligen Weltmeister Adrian Lewis, genannt „Jackpot“, ist Kevin Münch ein Dauerthema.
Ganze acht Mal setzte Münch seinem prominenten Gegenspieler die Maximalpunktzahl 180 vor. Da hatte der große Adrian Lewis keine weiteren Fragen mehr. Wie im Tunnel warf der Deutsche Pfeil um Pfeil exakt auf die Stellen der Scheibe, die dem Punktekonto des Gegners am meisten weh tun. Von der „größten Darts-Überraschung aller Zeiten“schrieb die englische Zeitung The Mirror.
Noch nie ist es einem Deutschen gelungen, bei diesem Turnier das Achtelfinale zu erreichen. Martin Schindler wird es 2017 nicht schaffen. Der Strausberger unterlag am Mittwoch dem Australier Simon Whitlock. Kevin Münch könnte ins Achtelfinale einziehen. Dafür müsste er am 27. Dezember (16 Uhr/ Sport1) einen Spanier schlagen, entweder Cristo Reyes oder Antonio Alcinas, die beide nicht zu den Topspielern zählen und zuvor gegeneinander antreten.