Panik an der Penne
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Zehntausende Abiturientinnen und Abiturienten in Thüringen und ganz Deutschland absolvieren gerade ihre schriftlichen Abiturprüfungen – und das weitgehend unbeachtet von der Öffentlichkeit. Das ist sehr bedauerlich, denn schon ein flüchtiger Blick hinter die Schultüren offenbart Zustände, die wir uns in unseren schlimmsten Albträumen nicht vorzustellen gewagt hätten.
So mussten etwa nach dem Einbruch in ein Goslarer Gymnasium in der Hälfte aller Bundesländer einige Prüfungsaufgaben für das schriftliche Mathematik-Abitur der Leistungskurse ausgetauscht werden. Zwar hatten sich die Einbrecher in dem von ihnen geknackten Tresor mehr für die Wertsachen als für die dort gelagerten Prüfungsaufgaben interessiert. Aber sicher ist sicher.
Relativ harmlos erscheint dagegen zunächst ein Vorfall in Sachsen-Anhalt. Dort musste die für Donnerstag geplante Physikprüfung für reichlich 400 Schüler ausfallen und um eine Woche verschoben werden. Schuld daran war nicht etwa die Physik, sondern – wie schon in Goslar – die Mathematik. Als in diesem Fach geprüft werden sollte, wurde an einer Schule versehentlich der Umschlag mit den Physikaufgaben geöffnet, womit das Geheimnis um die streng geheim gehaltenen Aufgaben gelüftet war.
Leider offenbart dieser Fall eine traurige Wahrheit. Wissend, dass in Sachsen-Anhalt 6500 Schüler ihr Abitur absolvieren, stellen wir fest: Im Heimatland des großen Physikers Otto von Guericke haben gerade mal 6,14 Prozent der Abiturienten Physik als Prüfungsfach gewählt.
Möglicherweise ist daran auch eine Regelung schuld, der zufolge seit 2017 bundesweit in den Fächern Deutsch, Mathematik, Englisch und Französisch gleich schwere Aufgaben gestellt werden und die Naturwissenschaften diesem Beispiel folgen sollen. Im Klartext heißt das: Künftig darf eine Prüfung in Mathematik nicht schwerer sein als eine in Deutsch, Englisch, Französisch, Biologie, Chemie oder Physik. Prüfungsfragen wie „Ein Kunde lässt im Supermarkt eine Packung Eier und eine Flasche Glasreiniger aus 80 Zentimetern Höhe fallen. Welche Sprache spricht die Kassiererin?“werden den Schülern also bald häufiger gestellt.
Wer dagegen ein Problem aus mathematischen, biologischen, chemischen und physikalischen Komponenten lösen soll, das in einer Mischung aus deutschen, englischen und französischen Begriffen formuliert ist, hat keine Abituraufgabe vor sich, sondern seine Stromrechnung.