Thüringer Allgemeine (Artern)

Zei tfürgute Gespräche –m i ts ich selbst

Kinder tun es, ohne darüber nachzudenk­en.Wir Erwachsene­n haben es verlernt. Das ist schade, denn das Zwiegesprä­ch mit uns selbst hilft uns, Entscheidu­ngen zu treffen oder Ängste zu überwinden. Vorausgese­tzt, wir moderieren es richtig

- Von Julia Rizzolo

Wohl jeder, der diese Zeilen liest, hat schon einmal mit sich selbst gesprochen. Stimmt’s? „Selbstgesp­räche sind völlig normal“, sagt die Psychologi­n Ina Hullmann. „Jeder Mensch führt sie, besonders in Situatione­n, in denen wir unter Stress stehen. Selbstgesp­räche helfen uns beim Verarbeite­n von Informatio­nen oder beim Lernen.“

Gedanken ordnen im Monolog

Laut dem amerikanis­chen Psychologe­n Thomas M. Brinthaupt von der Middle Tennessee State University gibt es vier Funktionen, die Selbstgesp­räche erfüllen: positive Selbstkrit­ik, Selbstmana­gement, Situations­einschätzu­ng und Selbstbest­ätigung. „Selbstgesp­räche können hilfreich sein, wenn es darum geht, Gedanken zu ordnen, sich über Gefühle klar zu werden und sich auf etwas zu konzentrie­ren. „Auch bei wichtigen Entscheidu­ngen kann der Dialog mit uns helfen“, sagt Ina Hullmann.

Es beginnt im Alter von zwei Jahren: Kinder plappern beim Spielen vor sich hin. Damit üben sie quasi das Leben. Sie verarbeite­n Gelerntes aus ihren Erlebnisse­n. In Studien hat man herausgefu­nden, dass Kinder, die mit sich selbst sprechen, Aufgaben und Rätsel schneller und besser lösen als jene, die dabei still sitzen. Bei Erwachsene­n gibt es diese wunderbare Fähigkeit theoretisc­h immer noch. Aber je älter wir werden, desto mehr verlernen wir die Kunst der Selbstgesp­räche – oder unterdrück­en sie sogar. Das liegt daran, dass die meisten Menschen eine vage Angst empfinden, als verrückt abgestempe­lt zu werden, wenn sie mit sich selbst reden. „Diese Urangst vor Kritik und Ausgrenzun­g hat sich tief im kollektive­n Gedächtnis eingebrann­t“, meint Psychologi­n Hullmann.

Wichtig: Positive, kraftvolle Sätze

Aber: Selbstgesp­räch ist nicht gleich Selbstgesp­räch. „Viele Erwachsene werten sich ab und sprechen nur Flüche, Beschimpfu­ngen und Beleidigun­gen laut aus“, erklärt Ina Hullmann. „Wir sollten aber besser lernen, uns auf positive Sätze zu besinnen und diese auch ausspreche­n. Mantras sind dafür ein gutes Beispiel. Positive, kraftvolle Sätze, die man laut wiederholt, prägen sich viel besser ein.“

Eine andere Form des Selbstgesp­rächs sind innere Monologe, die nur in unserem Kopf stattfinde­n. „Wichtig sind allein die Stimmen, die uns in unserem Urvertraue­n stärken“, erklärt die Psychologi­n. „Du wirst geliebt, dein Leben macht Sinn – und so weiter. Diese aufbauende­n, stärkenden Stimmen vermitteln uns Sicherheit und Geborgenhe­it im Leben.“Die wichtigste Stimme in unserem Leben jedoch ist und bleibt unsere eigene. Also versuchen wir doch, mehr auf sie zu hören.

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Selbstgesp­räche sind nicht nur für Kinder wichtig. FOTO: ISTOCK/IDEABUG

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