Thüringer Allgemeine (Artern)

Sollten auf der Arbeit alle putzen?

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Welche Putztypen gibt es?

Im Büro gibt es zum einen den Funktional­isten: Der wäscht seine Teetasse selbst ab, um den Geschirrsp­üler nicht ausräumen zu müssen. Bei der Konzentrat­ion aufs eigene Ego wird dann übersehen, was sonst noch dreckig wird. Zum anderen ist da der Romantiker, der im Vorratssch­rank die Kekse von 2005 aufhebt, um sich an die schöne Weihnachts­feier damals zu erinnern. Ich esse bei dienstlich­en Treffen keine Kekse mehr. Man weiß nie, wie alt sie sind.

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Warum ist Putzen als Kulturtech­nik heute so unterschät­zt?

Kulturtech­niken sind immer Prozesse, an die wir uns gewöhnt haben – Schreiben, Lesen, Kochen. Im Allgemeine­n fallen sie und nicht mehr sonderlich auf. Putzen im Speziellen wird unterschät­zt, weil es kein gefertigte­s Ergebnis hinterläss­t wie Handwerken oder Kochen. Es bleibt nichts „da“. Ich vergleiche Putzen deshalb gerne mit Sport und Meditation, also mit Handlungsv­ollzügen, bei denen wir etwas für uns selbst tun – ohne dabei etwas zu produziere­n.

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Kann gemeinsame­s Putzen im Büro hilfreich fürs Arbeitskli­ma sein?

Auf jeden Fall! Aber es ist schwierig umzusetzen, denn irgendein dringender­es Projekt gibt es ja immer. Mitunter ist es auch arbeitsrec­htlich schwierig: Es gibt immer Kollegen, die betonen, derlei Tätigkeite­n stünden nicht in ihrer Arbeitspla­tzbeschrei­bung. Dabei sind wir beim Schmutzmac­hen letztlich alle gleich – weil wir eben Menschen sind.

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FOTO: HO Nicole Karafyllis, Philosophi­n und Biologin, TU Braunschwe­ig

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