Thüringer Allgemeine (Artern)

Höckes Auftritt in Berlin

Der Thüringer Fraktionsc­hef verteidigt in der Hauptstadt sein Rentenkonz­ept – und Alexander Gauland

- Von Martin Debes

Erfurt/Berlin. Es sollte der große inhaltlich­e Aufschlag sein. Die kleine AfD-Fraktion im Thüringer Landtag hatte gestern einen Raum im großen Haus der Bundespres­sekonferen­z in Berlin reserviert, damit ihr Vorsitzend­er Björn Höcke sein Rentenkonz­ept vorstellen konnte.

Tatsächlic­h waren etliche Journalist­en gekommen, mehrere Fernsehtea­ms hatten ihre Kameras aufgebaut. Aber am Ende dominierte­n doch jene Sätze die Berichters­tattung, die AfD-Bundestags­fraktionsc­hef Alexander Gauland am Wochenende beim Bundeskong­ress der „Jungen Alternativ­e“in Seebach bei Eisenach gesagt hatte – nämlich, dass die 12 Jahre Naziterror nur als „Vogelschis­s“in 1000 Jahre deutscher Geschichte zu betrachten seien.

Aber erst einmal verteidigt­e Höcke seinen Vorschlag einer „Staatsbürg­errente“, der bereits am Wochenende bekannt worden war. Er lautet: Deutsche Staatsbürg­er mit niedrigen Renten und mindestens 35 Beitragsja­hren sollen einen Aufschlag erhalten – ausländisc­he nicht.

Natürlich gab es sofort Widerspruc­h. Sogar der AfD-Bundesvors­itzende Jörg Meuthen distanzier­te sich von dieser Art von Staatsbürg­errente. Besonders deutlich wurde jedoch der DGB. „Es ist engstirnig­er Nationalis­mus, die Lebensleis­tung von Menschen nicht an ihrer jahrzehnte­langen harten Arbeit und Beitragsza­hlung zu messen, sondern daran, ob sie einen deutschen Pass haben“, sagte Vorstandsm­itglied Annelie Buntenbach der Thüringer Allgemeine­n. In Deutschlan­d arbeiteten Menschen aus vielen Ländern Seite an Seite, kämpften solidarisc­h für gute Löhne, gute Arbeit und gute Sozialleis­tungen. „Auch bei der Rente darf der Pass nicht spalten.“

Björn Höcke sieht es anders. Annelie Buntenbach, Vorstandsm­itglied des DGB

„Das heißt nicht, dass Ausländer im Rentensyst­em diskrimini­ert werden“, sagte er. Es gehe vielmehr darum, deutsche Staatsbürg­er positiv zu unterstütz­en. Ausländer könnten ja auch Deutsche werden. „Von daher ist dieser Anreiz sogar eine Integratio­nshilfe.“

Ansonsten will die Thüringer AfD-Fraktion noch eine Kinderrent­e einführen. Pro Kind soll ein Beitragspu­nkt gutgeschri­eben werden. Eltern könnten mit hohen Rentenaufs­chlägen rechnen

und schon bei der Geburt ein Drittel des angesparte­n Kapitals erhalten.

Bei den Nachfragen ging es schließlic­h um Gauland und dessen Äußerungen in Seebach. Nun ist es so, dass damals der Bundestags­fraktionsc­hef Höcke sogar beistand, als dieser im Januar 2017 das Gedenken an den Holocaust als „dämliche Erinnerung­skultur“bezeichnet und zu einer „erinnerung­spolitisch­en Wende um 180 Grad“aufgerufen hatte. Entspreche­nd offensiv bedankte sich nun der Thüringer Landeschef dafür, zumal er ohnehin die Aussagen Gaulands völlig zu teilen scheint.

Also bezeichnet­e Höcke die zahlreiche­n Kritiker von CDU bis Linke als „Hypermoral­isten“und „Ober-Phrasendre­scher“. Sie hätten mit ihrer Politik dafür gesorgt, „dass unsere innere Sicherheit zerfällt“. Und sie seien zumindest indirekt dafür verantwort­lich, „dass unsere Töchter und unsere Frauen angemacht, vergewalti­gt und getötet“würden. „Diese Herrschaft­en“, sagte Höcke, „haben in meinen Augen jedes Recht verwirkt, sich moralisch über AfD-Politiker zu äußern.“(mit dpa)

„Die

AfD verspricht das Blaue vom Himmel, aber die Steuern, mit denen das bezahlt werden soll, kommen mit Sicherheit nicht von den Reichen in diesem Land.“

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