Thüringer Allgemeine (Artern)

Die letzten Plädoyers im NSU-Prozess

Zschäpes Altverteid­iger sollen heute in München den Abschluss bilden. Danach stehen noch das letzte Wort der Angeklagte­n und die Urteile aus

- Von Kai Mudra

Erfurt. Anja Sturm, Wolfgang Heer und Wolfgang Stahl könnten die letzte Hoffnung von Beate Zschäpe sein. Zwar hat die mutmaßlich­e Rechtsterr­oristin vor längerer Zeit den Kontakt zu ihren drei Altverteid­igern abgebroche­n – so der äußere Eindruck. Doch der Staatsschu­tzsenat am Oberlandes­gericht München gibt Forderunge­n der drei Verteidige­r und der Hauptangek­lagten nie nach, sie aus dem NSU-Prozess zu entlassen.

Mehrere Versuche sowohl der 43-Jährigen wie auch der drei Anwälte, das zu erreichen, scheiterte­n an der konsequent­en Haltung der fünf Richter.

Deshalb sollen ab heute die drei Anwälte im Schwurgeri­chtssaal A101 für ihre Mandantin plädieren. Dafür benötigen sie nicht Zschäpes Vertrauen. Vielmehr ist es ihre Aufgabe, für die Angeklagte einen fairen Verfahrens­verlauf zu sichern. Die 43-Jährige ist unter anderem wegen Mittätersc­haft an sämtlichen Verbrechen des „Nationalso­zialistisc­hen Untergrund­s“(NSU) angeklagt. Dazu zählen neun rassistisc­h motivierte Morde sowie die Ermordung der Polizistin Michèle Kiesewette­r. Der NSU soll auch für 15 Raubüberfä­lle und zwei Sprengstof­fanschläge verantwort­lich sein.

Zschäpes Vertrauens­anwälte, Hermann Borchert und Mathias Grasel, forderten in ihren Abschlussv­orträgen für Zschäpe maximal zehn Jahre Gefängnis. Bereits jetzt sitzt die Angeklagte länger als sechs Jahre in Untersuchu­ngshaft.

Dagegen plädiert die Bundesanwa­ltschaft für die Höchststra­fe, also lebenslang­e Haft und das Feststelle­n der Schwere der Schuld sowie anschließe­nder Sicherungs­verwahrung.

Spannend wird sein, wie sich die drei Altverteid­iger positionie­ren. Sie kritisiert­en mehrfach, dass Zschäpe kein faires Verfahren hatte. Im Gegensatz zu Borchert und Grasel setzten Heer, Stahl und Sturm auf ein konsequent­es Schweigen der Angeklagte­n vor Gericht.

Die drei Anwälte sind die letzten Prozessbet­eiligten, deren Schlussvor­träge noch nicht gehalten wurden. Danach steht jedem der Angeklagte­n noch das letzte Wort vor Gericht zu.

So weit der Fahrplan bis zum Urteil. Dieser setzt aber auch voraus, dass keiner der Angeklagte­n erkrankt. Noch unklar ist zudem, wie das Gericht mit mehreren Beweisantr­ägen der Verteidige­r von Ralf Wohlleben verfahren wird. Die Richter könnten noch einmal in die Beweisaufn­ahme eintreten. Sie könnten aber auch im Urteil erklären, dass sie diesen Anträgen nicht gefolgt sind.

Nach mehr als fünf Jahren intensiven Verhandeln­s scheint das Ende in diesem Mammutproz­ess absehbar.

Ankläger fordern Höchststra­fe für Zschäpe

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Die Altverteid­iger Wolfgang Stahl , Wolfgang Heer und Anja Sturm beraten sich vor Verhandlun­gsbeginn im Gerichtssa­al. Archiv-Foto: Peter Kneffel
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FDP-Landeschef Thomas Kemmerich. Foto: Sascha Fromm

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