Von Kuschelkurs keine Spur
F chmusen, sind nicht ganz ungefährlich
Je
Jahre, bis die Schutzhunde auch eingesetzt werden können. In dieser Zeit muss Schäfer & Co. einen nicht zu unterschätzenden Betreuungsaufwand leisten.
Derzeit leben drei Pyrenäenberghunde bei Witter. Stattliche Tiere. Der vierjährige Ares aus eigener Zucht ist der Boss, von ihm können Melin und Niva,
Jahr alt, noch einiges abschauen. „Die Tiere sind von Geburt an sehr aufmerksam und lernwillig, das steckt in ihren Genen“, schwärmt Witter. Was ihm an der französischen Rasse besonders gefällt: „Die Hunde haben einen eigenen Willen, sind sehr selbstständig, das qualifiziert sie für ganz besondere Aufgaben.“
Allerdings seien die Vierbeiner alles andere als klassische Wohnungshunde. „Wir stellen immer wieder fest, dass vielen Haltern die Erfahrung im Umgang mit den Hunden fehlt“, bedauert der Experte. Deshalb auch steht er den Thüringer Schäfern bei Anfrage mit Rat und Tat zur Seite.
Auch wenn Rosi auf der Weide unbeeindruckt bleibt. Allein die körperliche Präsenz der Hunde wirkt für jeden Angreifer abschreckend. Die Rüden erreichen locker eine Widerristhöhe von 80 Zentimetern. Ihr Kampfgewicht kann bis zu 70 Kilogramm betragen. Dazu das wuschelige Fell, der selbstbewusste Auftritt. Manchmal knurren die Tiere leise, dann wieder lassen sie das dröhnende Bellen ertönen. „Je nach Situation – Gefahren werden von ihnen selbstständig erkannt und sie schätzen jede Bedrohung individuell ein.“Im Ernstfall würde sich der Hund immer wagemutig dem Angreifer entgegen stellen.
Und Wölfe sind bekanntlich besonders vorsichtige Tiere. Sobald sie die Gefahr wittern, treten sie den Rückzug an. „Die Hunde sind ihnen von Kraft und Wendigkeit ebenbürtig, deshalb wird der Wolf einen Kampf um die Beute vermeiden“, erklärt Witter. Käme es dennoch dazu, würde der Hund auch vor einem Biss in die Kehle des Wolfes nicht zurückschrecken. Wohl deshalb gibt es immer wieder auch Stimmen, die vor der Unberechenbarkeit der Hunde warnen. Gerade in unserem eng besiedelten Kulturraum. Ein Risiko besteht für andere frei laufende Hunde, aber auch Wanderer oder Jogger, die der Herde zu nah kommen. Denn der Bewacher hat nur eines im Sinn: Er will jeden Eindringling durch lautes Bellen melden und potenzielle Angreifer durch möglichst bedrohliches Auftreten verscheuchen.
Trotz zahlreicher Wolfsübergriffe ist das Interesse seitens der Thüringer Schäfer noch sehr gering. Auf Nachfrage erklärte das Umweltministerium, dass bislang kein einziger Antrag zur Förderung eines solchen Hundes eingereicht wurde. „Aber wer auf den Schutz mit einem Herdenschutzhund setzt, hat dafür auch unsere Unterstützung“, bestätigt Umweltstaatssekretär Olaf Möller. Im Wolfsgebiet wird die Anschaffung zu 75 Prozent gefördert.
Doch das ist nur ein Bruchteil der Gesamtaufwendung. Die Schutzhundewelpen kosten mindestens 1000 bis 1200 Euro. Für ein ausgebildetes Paar – in einer Herde werden wenigstens zwei Schutzhunde eingesetzt – werden insgesamt also rund 4000 Euro fällig. Für Futter, Tierarzt und Versicherung fallen weitere 1000 Euro pro Tier und Jahr an. „Aber es lohnt sich“, ist Michael Witter überzeugt. Denn sowohl Schäfer als auch Schafe könnten durch die Bewacher entspannter einschlafen.
Die Überzeugungsarbeit wirkt: „Wir stehen dem Thema insgesamt offen gegenüber“, erklärt Arno Rudolph, Zuchtleiter beim Thüringer Schafzüchterverband. Immer wieder gebe es in letzter Zeit Weidetierhalter, die den Einsatz der Hunde überlegten, so der 65-Jährige weiter.
Gleichzeitig appelliert der Verband erneut an die Landesregierung, die Folgekosten zu übernehmen. „Die Anschaffung ist das eine – aber besonders teuer ist der Unterhalt der Tiere“, so Rudolph. Allein für die Bewachung einer Herde mit 500 Schafen kämen zwei bis drei Hunde zum Einsatz. „Da fällt über das Jahr ordentlich was an.“
Die Schafe auf der Weide bei Zella-Mehlis haben sich inzwischen ein schattiges Plätzchen gesucht. Und auch der Herdenschutzhund döst vor sich hin. „Doch davon darf man sich nicht täuschen lassen – die Hunde sind hervorragende Schauspieler“, verrät Witter zum Abschied. Sollte sich eine Gefahr ankündigen, sei der tierische Bewacher blitzschnell zur Stelle. Mit mächtigem Knurren und Bellen. Denn wenn jemand an das Schafsfell von Rosi will, dann hört für Herdenschutzhund Ares der Spaß auf.
Die Anschaffung wird zu 75 Prozent gefördert