Parallele Reisediplomatie
Bodo Ramelow in Prag, Mike Mohring in Krakau: Wie der Ministerpräsident und sein wichtigster Herausforderer ganz ähnliche Auslandstermine absolvieren
Erfurt/Prag/Krakau. War es die Sonne, die auf den Prager Stadtberg Hradschin schien? War es dieser ewig schöne Blick über die Moldau? Oder war es das Gefühl, ein bisschen internationale Politik zu betreiben? Jedenfalls wirkte Bodo Ramelow am gestrigen Nachmittag am Telefon äußerst frohgestimmt, als er über sein Treffen mit Andrej Babiš berichtete.
Eine Stunde hatten der Ministerpräsident und sein tschechischer Amtskollege beisammen gesessen, um über Dinge wie die duale Ausbildung zu reden – oder über den Ausbau der Zugverbindung von Cheb nach Blankenstein, die für die dortige Papierfabrik so wichtig ist.
Es sei ein „sehr gutes Gespräch“gewesen, sagte Ramelow. Vor allem beim Thema Berufsausbildung sei Babiš als Mann der Wirtschaft „ganz hellhörig“geworden. Hier wolle man eine gemeinsame Fachkonferenz organisieren, um den Tschechen die gewünschte Nachhilfe zu geben. Dass der Multimilliardär Babiš einer Partei angehört, die wie die frühe AfD auftritt, dass er sein Amt nur geschäftsführend ausübt und dass er gerade dabei ist, die nächste wackelige Regierung zu bilden: Das alles thematisierte Ramelow, der auch Diplomatie kann, eher nicht. Sowieso war der Termin ziemlich spontan zustande gekommen, selbst in der Erfurter Staatskanzlei wurde mancher von der zweitägigen Reise überrascht.
Die anderen Programmpunkte ergaben sich: Treffen mit dem deutschen Botschafter und dem Landeshauptmann, Rede in der Gedenkstätte im ehemaligen KZ Theresienstadt, Besuch des neuen Büros der Rosa-LuxemburgStiftung, wo sich auch Gregor Gysi angesagt hatte. Nebenher wurde auch noch die Abmachung fixiert, dass Thüringen im Oktober zum Tag der Einheit den Empfang in der Prager Botschaft ausrichtet.
Doch Zufall oder nicht: Ramelows östlicher Spontanbesuch ähnelt auffällig der Reise, die gerade den CDU-Vorsitzenden Mike Mohring mit seiner Landtagsfraktion durch die thüringische Partnerregion Kleinpolen führt. Allerdings war, wie man bei der Union betont, in diesem Fall das Programm seit einem Jahr in der Vorbereitung.
Gestern besuchten die Abgeordneten die Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau und legten einen Kranz nieder. „Es gibt, glaube ich, keinen bedrückenderen Ort auf dieser Welt“, sagte Mohring danach der Thüringer Allgemeinen. Gerade hier zeige sich eindrücklich: Wer wie AfDChef Alexander Gauland den Holocaust und die Naziverbrechen relativiere, erweise sich als Vertreter eines deutschen Parlaments als „völlig unwürdig“.
Heute trifft die Fraktion auf Jacek Krupa, den Marschall der Wojewodschaft Kleinpolen, der erst kürzlich in Erfurt war, und den polnischen Botschafter in Deutschland. Am Abend wollen die Abgeordneten mit dem Chef des regionalen Arbeitgeberverbandes reden. Ein Hauptthema: die duale Ausbildung.
Mohring, der Ramelow nächstes Jahr bei der Landtagswahl aus der Staatskanzlei verdrängen will, präsentierte sich staatstragend. Die Situation in Polen wirke gerade recht schwierig, sagte er. Aber umso wichtiger sei es, die Beziehungen im Rahmen der Partnerschaft zwischen Thüringen und Kleinpolen auszubauen. Nicht viel anders hätte es auch der amtierende Ministerpräsident gesagt.
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