125 Jahre Industrie und „Meer“
Bitterfeld-Wolfen galt als Synonym für Raubbau an Mensch, Umwelt und Natur. Das Negativ-Image erfolgreich abgelegt
Bitterfeld-Wolfen. Fröhlich baden Familien bei blauem Himmel im Wasser des GoitzscheSees. Strandschönheiten räkeln sich im Sand. Segelboote ziehen über das „Bitterfelder Meer“, wie der künstlich entstandene See im Volksmund genannt wird. „Wie Urlaub hier“, „Das hätte ich nicht gedacht, dass sich das mal so entwickelt, ausgerechnet hier“oder „Weißt Du noch, als hier die Kohlebagger waren, der Dreck und Krach und die stinkenden Chemiebuden?“– so sagen die Gäste in einem Restaurant mit Bar, während sie in Liegestühlen am Ufer Cocktails trinken. Nebenan wird eine Hochzeit gefeiert, eine restaurierte Villa ist ein Hotel.
Gefeiert wird in der Region Bitterfeld-Wolfen aber nicht nur in der Freizeit. Unter dem Motto „Wir leben Chemie“wird in diesem Jahr an das 125-jährige Bestehen des Industriestandorts erinnert – mit Ausstellungen, Festwoche und Messen. Unter dem Motto „Wir hier. Leben und Arbeiten in der Chemieregion Bitterfeld-Wolfen“zeigt eine Ausstellung (ab 6. Juni) anhand von Porträts die Geschichte, „was die Menschen bewegt, wie sie am Standort leben und arbeiten“, erzählt Uwe Holz, Leiter des Industrie- und Filmmuseums Wolfen. Filmmuseum zeigen. So auch, dass Zehntausende Arbeitsplätze mit dem Zusammenbruch der DDR-Wirtschaft verloren gingen. Die Produktion der Solarindustrie in der Region ging angesichts von Billigkonkurrenz aus Asien unter. Damit erlebten Tausende Beschäftigte zum zweiten Mal in kurzer Zeit nach 1990 gravierende Brüche in ihren Biografien. Davon hat sich die Region trotz zwischenzeitlich gesunkener – ehemals zweistelliger – Arbeitslosenquote nicht vollständig erholt.
Seit 1990 wurden laut Polk – mithilfe des Bundes, des Landes und der EU – etwa 4,5 Milliarden Euro im Chemiepark investiert. Etwa 12 000 Menschen sind in Firmen, darunter Betriebe von international agierenden Unternehmen, Mittelständler und Dienstleister, beschäftigt.