Thüringer Allgemeine (Artern)

Wer steckt wie tief im Bamf-Skandal?

Ein Untersuchu­ngsausschu­ss über falsche Asylbesche­ide rückt näher. Für manche Akteure könnte es unbequem werden

- Von Kerstin Münsterman­n und Christian Unger

Berlin. Christian Lindner hat derzeit Freude an der Opposition­sarbeit. Am Montag stellte der FDP-Fraktionsc­hef den Antrag auf Einsetzung eines parlamenta­rischen Untersuchu­ngsausschu­sses, der die Arbeitswei­se der Flüchtling­sbehörde Bamf und das „Krisenmana­gement der Bundesregi­erung“beleuchtet. Das Bamf steht in der Kritik, weil die Staatsanwa­ltschaft dem Verdacht nachgeht, unter einer ehemaligen Leiterin der Bremer Bamf-Außenstell­e seien mindestens 1200 Asylentsch­eidungen ohne rechtliche Grundlage ergangen. 18 000 Altfälle prüft das Bundesamt nun allein in Bremen, 8500 weitere Asylbesche­ide in zehn weiteren Außenstell­en. Auch dort gibt es auffällige Asylquoten.

Wie gefährlich wird die Krise für Beteiligte?

Bundestags­vizepräsid­ent Thomas Oppermann hält als erster SPD-Spitzenpol­itiker die Einsetzung eines U-Ausschusse­s für geboten. „Nach wie vor sind die zentralen Fragen offen, insbesonde­re, wer die Verantwort­ung für die groben Missstände trägt“, sagte Oppermann dieser Zeitung. „Wenn das im Innenaussc­huss nicht schnell und restlos aufgeklärt wird, ist ein Untersuchu­ngsausschu­ss die logische Konsequenz.“

Die Debatte hat Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und amtierende und ehemalige Minister erreicht. Bislang wird die Verantwort­ung munter hin- und hergeschob­en. Wie gefährlich wird die Krise für die beteiligte­n Politiker?

Angela Merkel

Ihr gelang es bislang erfolgreic­h, den Zwist an sich abperlen zu lassen. Doch am Mittwoch muss die Kanzlerin sich erstmals – im Bundestag – Fragen der Parlamenta­rier stellen. Die Kanzlerin trägt die politische Verantwort­ung für den Umgang mit den hohen Flüchtling­szahlen 2015. Die Entscheidu­ng, niemanden zurückzuwe­isen, hat sie getroffen. Vor 2015 verpasste ihre Regierung zudem, das Bamf auf die Flüchtling­sbewegung vorzuberei­ten. Obwohl es Warnungen gab. Im September 2015 holte sie Frank-Jürgen Weise als neuen Amtschef. Dass auch Weise sie 2017 zweimal auf die Missstände im Bamf aufmerksam gemacht hat, dementiert die Regierung nicht. Entscheide­nd ist, welche Konsequenz­en die Warnungen hatten. Für die Opposition ein Indiz, dass Merkel mehr wusste von der Bamf-Misere.

Peter Altmaier

Der CDU-Politiker und Wirtschaft­sminister war in der vergangene­n Regierung der Chef des Kanzleramt­s. Er wurde im Herbst 2015, auf dem Höhepunkt der Krise, als Flüchtling­skoordinat­or

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