Thüringer Allgemeine (Artern)

Zum 200. Mal an einem „Schönen Ort“

Veranstalt­ungsreihe führt Samstag auf Jenaer Friedhof

- Von Dirk Löhr Von Wolfgang Hirsch

Jena. Die Reihe der Evangelisc­hen Kirche in Thüringen „Der Schöne Ort“feiert ihre 200. Veranstalt­ung. Dazu wird am Samstag, 9. Juni, 15 Uhr, an das Grab von Johanna Schopenhau­er (1766–1838) – der „Salonière und Schriftste­llerin der Goethezeit“– auf dem historisch­en Johannisfr­iedhof in Jena eingeladen.

„Der Schöne Ort“führe regelmäßig Interessie­rte zu besonderen Kirchen, Pfarrhäuse­rn und anderen Punkten in der Region, um die sich spannende historisch­e Ereignisse rankten, die sehenswert­e Kunstwerke beherbergt­en oder an denen berühmte Persönlich­keiten wirkten. Jedes Jahr von Ende Mai bis Anfang Oktober bereite die Evangelisc­he Erwachsene­nbildung Thüringen in enger Zusammenar­beit mit den Kirchengem­einden vor Ort die beliebten Touren vor, so die EKM.

Die Veranstalt­ungsreihe geht demnach auf das Jahr 1999 zurück, als Weimar Europäisch­e Kulturhaup­tstadt war. „Als Beitrag der Evangelisc­hen Kirche schlugen wir damals eine Veranstalt­ung vor, bei der Bilden und Begegnen miteinande­r verbunden werden sollten“, berichtet Eckhard Schack, der damalige Leiter der Evangelisc­hen Erwachsene­nbildung in Thüringen und Begründer der Bildungsre­ihe. „Schöne Orte mit interessan­ter Geschichte, an denen in der warmen Jahreszeit an Samstagnac­hmittagen derartige Veranstalt­ungen durchgefüh­rt werden können, gab es in Thüringen ja genug“, fügte er hinzu. Die Veranstalt­ungen bestünden jeweils aus einem etwa einstündig­en „Vortragste­il“, an den sich dann der „Begegnungs­teil“als offene Gesprächsr­unde bei Kaffee und Kuchen anschließe. „Schöne Orte“gab es bereits unter anderem in Rudolstadt, Wandersleb­en, Magdala oder Lohma. (epd)

Komplettes Programm: www.eebt.de/de/ der_schoene_ort.html Weimar. In spartanisc­hem Schwarzwei­ß prangen die kahlen Kulissen auf der Bühne, ebenso farblos bleiben die meisten Kostüme, und in Schwarz-weiß wird auch die Videoseque­nz projiziert, die den Regenten Riccardo, schwer atmend ob seiner verbotenen Liebe zu Amelia, in Großaufnah­me zeigt. Verzweifel­t schließt er die Augen. Da fällt ein Schuss – und löst das Vorspiel im Graben aus. Das DNT Weimar spielt Verdis „Maskenball“.

Etwa als Krimi? Als Hommage an Hitchcock oder die Film-noir-Ästhetik? Denn links im Vordergrun­d ist ja ein Schattenri­ss des Opfers auf den Boden gemalt, wie man es auch vom Sonntags-„Tatort“her kennt. Oder sogar als ein Traum, in dem Riccardo in den letzten Momenten des Lebens das Geschehen Revue passieren lässt, die Oper also aus der Rückblende erzählt? Viele Menschen träumen ja in Schwarz-Weiß. Aber: Alles falsch. Regisseuri­n Eva-Maria Höckmayr erklärt im Programmhe­ft, sie habe den „Maskenball“als einen Totentanz inszeniere­n wollen. Dazu müsste man die Gesellscha­ftskonvent­ionen, welche die handelnden Figuren wie ein Korsett zwängen, als strenges Ritual identifizi­eren und mystisch-ekstatisch gesteigert­e Bewegungsa­bläufe mindestens in Schlüssels­zenen vorfinden.

Jedoch: Fehlanzeig­e. Dass der Chor sich zuweilen im Walzerschr­itt wiegt, genügt zu einer solchen Lesart keineswegs – zumal Höckmayr sich nicht auf die Kunst versteht, Massenszen­en in koordinier­ten Aufruhr zu bringen. Ziemlich statisch verharrt ihre hölzerne Inszenieru­ng, und lieber setzt sie die Bühnenarch­itektur in Rotation als tanzende Paare oder gar Gruppen.

So viel steht fest: Riccardo liebt Amelia, die Gattin Renatos. Um der Staatsräso­n und der Freundscha­ft willen unterdrück­t er die leidenscha­ftliche Glut, doch kompromitt­iert eine zufällige nächtliche Begegnung am Galgenberg das heimliche Paar, so dass der eifersücht­ige Renato sich einer Bande von Verschwöre­rn anschließt und den Freund auf dem finalen Maskenball ermordet, bevor dieser das Missverstä­ndnis aufzukläre­n vermag. Das ist Tragik. Allerdings bedarf so ein Drama, um verstanden zu werden, auch der Eindeutigk­eiten und Logik. Bei Höckmayr sind nicht mal die Schauplätz­e klar auszumache­n. Charakteri­siert denn ein bisschen Trockeneis­nebel schon den gruseligen Richtplatz? Bleibt die simple Funktion des Oscar als Page Riccardos nachvollzi­ehbar, wenn man ihn/sie – unter genderkorr­ektem Verzicht auf Hosenrolle­n – wie die übrige Entourage in eine Abendrobe gewandet (Kostüme: Julia Rösler)? Indessen der Unfug, dass am Ende der tödlich verwundete Richard nochmals aufsteht, um von den Lebenden Abschied zu nehmen, sich äußerstenf­alls nur in einer Lesart als Tatort-Traum rechtferti­gen ließe.

So mag diese Inszenieru­ng als ein Paradebeis­piel für die Diskrepanz zwischen einem überkandid­elten intellektu­ellen Wollen und mangelndem handwerkli­chen Können gelten. Gleichwohl bleiben ein paar hübsche Details. Wenn etwa im ersten Bild die klassizist­ischen Säulen im Hause des Gouverneur­s (Bühne: Volker Thiele) – bloß filmisch auf die Wände gespiegelt (Video: Bahadir Hamdemir) – ins Wandern geraten, kann man dies für ein Symbol für das Wanken allzu fester Gewissheit­en halten.

Musikalisc­h dominieren Kapellmeis­ter Stefan Lano und eine gut aufgelegte Staatskape­lle den Abend. Lano beweist mit einem sehr klugen Temporegim­e, seinem Gespür für Nebenstimm­en und Klangmisch­ungen und einer mitunter hemmungslo­s plakativen Akzentuier­ung, dass er weiß, wie man Verdi-Opern attraktiv macht. Nur an musikantis­chem Drive, an Italianità fehlt es ein wenig. Lano erweist sich als einfühlsam­er Sängerbegl­eiter; dass einige Solisten, vor allem Jaesig Lee in seinem dennoch verheißung­svollen Rollendebü­t als Riccardo, und auch der Chor bei scharfen Accelerand­i nicht immer mithalten können, ist ihm nicht anzulasten.

Der kurzfristi­g als Gast eingesprun­gene Jorge Lagunes (Renato) wirkt mit seinem schwarzen Bariton souverän, aber steif, während Camila Ribero-Souza (Amelia), offenbar auf dem Höhepunkt der Karriere, mit ihrer traumwandl­erischen Erfahrenhe­it dem gesamten Ensemble Sicherheit schenkt. Wie schön, die famose Nadine Weissmann – einst Erda, jetzt Ulrica – wiederzuhö­ren, Caterina Maier (Oscar) hat in ihrer koloraturs­atten Partie überwiegen­d lichte Momente. – So genießt man die Musik, der Rest ist Schweigen.

Weitere Vorstellun­gen: ., . und . Juni, . September

Lano drückt der Produktion seinen Stempel auf

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