Thüringer Allgemeine (Artern)

Arbeitete Islamist an Biowaffe?

In einer Kölner Wohnung findet die Polizei verdächtig­e Substanzen

- Von Klaus Brandt, Tobias Blasius und Christian Unger

Köln/Berlin. Die Polizisten trugen Masken, Schutzwest­en und schwere Bewaffnung, als sie in die Wohnung des jungen Mannes einrückten. In den Zimmern des Wohnblocks im Kölner Stadtteil Chorweiler entdeckten die Beamten Substanzen, die nun im Labor des Robert-KochInstit­uts liegen. Ein erster Verdacht: Der festgenomm­ene 29jährige Tatverdäch­tige habe mit Chemikalie­n und toxischen Stoffen experiment­iert, um Rizin herzustell­en. Wenige Milligramm davon könnten einen Menschen töten.

Nach Informatio­nen dieser Redaktion sind an einem Gegenstand tatsächlic­h Spuren von Rizin gefunden worden, außerdem Bauteile zum Herstellen einer Sprengvorr­ichtung. Der Verdächtig­e wurde inzwischen über Sankt Augustin nach Karlsruhe ausgefloge­n. Der Tunesier, der seit 2016 in Deutschlan­d lebt, steht nun unter Terrorverd­acht. Der Bundesgeri­chtshof erließ Haftbefehl.

Verfassung­sschützer hatten den Tatverdäch­tigen im Blick. Von einem ausländisc­hen Geheimdien­st bekam die deutsche Sicherheit­sbehörde laut Medienberi­chten zuvor einen Hinweis: Der junge Mann bestellte bei einem Online-Versandhau­s rund 1000 Samen einer Pflanze, aus denen sich Rizin gewinnen lässt. Laut Staatsanwa­ltschaft haben die Ermittler eigene Erkenntnis­se gesammelt, die einen terroristi­schen Hintergrun­d nicht ausschließ­en. „Spiegel Online“berichtet, dass Profile des Mannes in sozialen Netzwerken Rückschlüs­se auf eine ideologisc­he Nähe zur Terrormili­z „Islamische­r Staat“(IS) zulassen. Erst seit Kurzem ermittelte auch die Polizei zu dem Mann. Als dieser sich eine Chemikalie kaufte, die zur Gewinnung des Giftstoffe­s aus den Pflanzen notwendig gewesen wäre, entschied sich die Polizei laut Medienberi­chten zum Zugriff. Einen vergleichb­aren Fall hatte es 2017 in Schwerin gegeben. Damals warnte ein Auslandsge­heimdienst vor einem jungen Syrer.

Ein ranghoher Ermittler aus Nordrhein-Westfalen berichtet dieser Redaktion, dass die mutmaßlich geplante Herstellun­g von Rizin durch den Tatverdäch­tigen in Köln klar die Handschrif­t von Al-Kaida trage. Die Terrorgrup­pe habe in Laboren im Jemen auch schon mit dem noch gefährlich­eren Botulinum hantiert.

Wie weit war der junge Mann aus Tunesien, der mit einer deutschen Konvertiti­n und vier Kindern in Köln lebt, mit seinen Plänen? Das ist unklar. Ein Ermittler warnt: Der Mann müsse zur Herstellun­g derart toxischer Stoffe in eine Expertengr­uppe eingebunde­n gewesen sein. Laut Sicherheit­skreisen soll eine erste Untersuchu­ng des RobertKoch-Instituts ergeben haben, dass die gefundenen Stoffe und Chemikalie­n noch nicht den Status einer gefährlich­en Biowaffe erreicht hatten.

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