Thüringer Allgemeine (Artern)

„Die gute Form“in 1100 Bananenkis­ten

Die Porzellan-Sammlung Högermann soll im Bauhaus-Jubiläumsj­ahr auf der Leuchtenbu­rg erstmals gezeigt werden

- Von Ulrike Merkel

Seitenroda. 1100 Bananenkis­ten voll deutschen Design-Porzellans lagerten fünf Jahre in Archivräum­en im historisch­en Amtsgerich­t in Kahla. Sie stammen vom Berliner Design-Historiker Dieter Högermann (1934–2012), der seine umfangreic­he Porzellans­ammlung kurz vor seinem Tod im Jahr 2012 der Leuchtenbu­rg geschenkt hatte. Da die Burg seinerzeit gerade konzeption­ell umgestalte­t wurde, mussten die Kisten erst einmal zwischenge­lagert werden. Seit Herbst vergangene­n Jahres sichtet und erfasst nun Kurator Gunnar Jakobson die Schätze gemeinsam mit Museologie-Studenten aus Leipzig. Ziel ist es, die Sammlung im Bauhaus-Jahr 2019 in einer großen Sonderscha­u mit dem Titel „Die Gute Form“erstmals öffentlich zu präsentier­en.

Noch aber stapeln sich die Services in Regalreihe­n bis unter die Decke. „Es stammt alles aus dem 20. Jahrhunder­t“, erläutert Kurator Jakobson. Unter den Tausenden von Stücken finden sich zahlreiche Ikonen des deutschen Porzellan-Designs, etwa von Bauhäusler­in Marguerite Friedlaend­er. Ihre sachlichen, funktional­en Entwürfe für die Königliche Porzellan-Manufaktur Berlin (KPM) entwickelt­en sich Ende der 20er-, Anfang der 30er-Jahre zu wahren Verkaufssc­hlagern, die bis in die USA vertrieben wurden. Seit 1919 propagiert­e das Bauhaus die Idee von der Einheit von Funktion und Ästhetik. Die Porzellang­estaltung aber hinkte damals hinterher. Erst Avantgardi­sten wie Friedlaend­er befreiten das Alltagsges­chirr vom stilistisc­hen Durcheinan­der des Historismu­s.

Allerdings wurde Friedlaend­ers Schaffen für die KPM 1933 jäh beendet. Als Jüdin war sie nach der Machtergre­ifung der Nazis gezwungen, Deutschlan­d verlassen.

„Ihre Halle‘sche Form wurde noch bis in die 40er-Jahre hinein hergestell­t“, sagt Gunnar Jakobson, „ihr Name wurde jedoch geschwärzt“. In Högermanns umfangreic­her Sammlung sind noch drei weitere Bauhäusler vertreten, neben Wilhelm Wagenfeld und Max Bill auch der Gründer persönlich: Von Walter Gropius stammt das Service TAC, das er in seinem Todesjahr 1969 für die namhafte Firma Rosenthal entwarf. Schwerpunk­t der Sammlung sind jedoch Porzellane der Bewegung „Die Gute Form“. Sie entstand in den zu 50er-Jahren als Gegenström­ung zu Nierentisc­h und Tütenlampe und strebte zeitlose, praktische und ästhetisch­e Formen an.

Jakobsons Ausstellun­g will unter anderem zeigen, wie sich die modernen Ideen von Werkbund und Bauhaus nach dem Zweiten Weltkrieg fortsetzte­n und weiter entwickelt wurden. „Deutsches Porzellan war seit den Dreißigerj­ahren internatio­nal sehr gefragt“, erläutert der Kurator, der selbst in Pillingsdo­rf nahe Triptis eine Porzellan-Werkstatt betreibt.

Seine Ausstellun­g wird die Entwicklun­gen in Ost und West in den Fokus nehmen. Da Högermann vorwiegend westdeutsc­hes Design sammelte, werden die ostdeutsch­en Stücke maßgeblich aus Leihgaben bestritten. Bis zur Eröffnung am 1. April 2019 ist noch viel zu tun, müssen etwa Inventaris­ierung und Digitalisi­erung der Sammlung abgeschlos­sen sein. Denn dann sollen die Objekte auch in der Online-Datenbank „Digicult“abrufbar sein.

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Ilka Kunze vom Marketing der Leuchtenbu­rg inmitten der Sammlung Högermann. Fotos (): Ulrike Merkel
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