Schafft es die Europäische Union?
Im Asylstreit ist eine „europäische Lösung“im Gespräch – eine Einigung bleibt ungewiss
Brüssel. Im Unionsstreit um die Asylpolitik richten sich plötzlich alle Augen auf den EU-Gipfel in zwei Wochen: Können sich die Regierungschefs in Brüssel auf europäische Lösungen einigen, die nationale Alleingänge überflüssig machen würden? Im Prinzip ja – aber ob es gelingt, ist völlig offen. Und schnelle Entlastung wäre damit kaum verbunden.
Die Vorschläge für eine Reform des Asylsystems hat die EU-Kommission schon vor zwei Jahren vorgelegt, seitdem streiten die Mitgliedstaaten. Weil die Zeit drängt, wird der Konflikt nun Chefsache. Das Paket sieht vor, die Asylverfahren europaweit zu vereinfachen, zu vereinheitlichen und zu verkürzen. Wenn überall gleiche, menschenwürdige Bedingungen herrschen, entfiele nach den Kommissionsplänen auch der Anreiz für die Weiterreisen von bereits registrierten Asylbewerbern in andere EU-Staaten – also genau das Problem, über das CDU und CSU streiten. Würde ein Asylbewerber in einem anderen Mitgliedstaat angetroffen, begänne seine fünfjährige Wartefrist auf eine langfristige Aufenthaltserlaubnis neu.
Der Großteil dieser Reform ist unstrittig – doch ein Konflikt um die Frage der Solidarität blockiert das gesamte Paket: Auch künftig sollen die Staaten, in denen die Migranten erstmals EUBoden betreten, für das Asylverfahren zuständig sein – bei stark steigenden Flüchtlingszahlen wären aber alle Mitgliedstaaten verpflichtet, nach einer Quote einen Teil der Menschen aufzunehmen. Einen solchen Zwang lehnen Ungarn, Polen, Tschechien und Slowenien ab. Auf der anderen Seite fühlen sich Länder wie Italien oder Griechenland weiter ungerecht behandelt. Gelänge eine Einigung, müsste noch das EU-Parlament ins Boot: Eine Mehrheit dort will ein komplett neues Asylsystem, bei dem alle Länder auch in normalen Zeiten einen Teil an Asylbewerbern aufnehmen müssten. Österreich, das im Juli die EU-Ratspräsidentschaft übernimmt, erwartet da schon schwierige Verhandlungen.
Kanzler Sebastian Kurz will ohnehin einen anderen Schwerpunkt setzen: Der Schutz der EU-Außengrenzen soll schneller und massiver als geplant verstärkt werden, Migranten ohne Asylgrund würden erst gar nicht in die EU gelassen. Gut möglich, dass der EU-Gipfel die Überlegungen unterstützt. Aber es bleiben – vorerst vage – Überlegungen für das nächste Jahrzehnt. Eine innereuropäische Lösung ersetzen sie nicht. Auch die wird dauern: Gelingt die Einigung auf eine Asylreform, müssen die Mitgliedstaaten zur Umsetzung von Teilen des Pakets erst noch nationale Gesetze beschließen.
Das EU-Parlament will ein ganz neues Asylsystem