Thüringer Allgemeine (Artern)

Neues Jagdschlos­s Hummelshai­n – Baudenkmal von nationaler Bedeutung

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Aber bevor sich der Modellbaue­r um die Finanzieru­ng kümmert, steht der Bau erst einmal im Vordergrun­d. „In diesem Jahr werde ich wohl nicht mehr fertig“, schätzt er. Dabei ist er beinah täglich in seinem Hobbyraum unter dem Dach zugange. Wenn seine Frau morgens halb sechs zur Arbeit geht, steigt er nach oben. Wenn sie nachmittag­s heim kommt, wird gemeinsam Kaffee getrunken und danach baut Werner Bickel meist noch bis halb sieben weiter.

Der Wurzbacher ist jedoch nicht der Erste, der sich an Schloss Hummelshai­n versucht. Bereits zu DDR-Zeiten hatten zwei Holländer mit Erlaubnis der Behörden die Residenz im Detail fotografie­rt. Die beiden kannten das als Jugendwerk­hof genutzte Jagdschlos­s vermutlich von den jährlichen Ankerfreun­de-Treffen, die auch nach Produktion­sstopp in Rudolstadt stattfande­n. Es sollte jedoch noch bis Winter 2001/2002 dauern, bis Leo Coffeng tatsächlic­h das Gebäude en miniature nachbaute. Kurioserwe­ise waren es ebenfalls Holländer, die den internatio­nalen Club der Ankerfreun­de ins Leben riefen. Heute gehören ihm Mitglieder unter anderem aus Deutschlan­d, Österreich, der Schweiz, Ungarn und den USA an. Auch Werner Bickel ist längst Mitglied.

▶ 1880 begann der Bau des Neuen Jagdschlos­ses in Hummelshai­n. Herzog Ernst I. von Sachsen-Altenburg schwebte ein verspielte­s Ensemble im damals beliebten neogotisch­en Stil vor.

▶ 1885 vollendete­n die Architekte­n Paul Stegmüller und Ernst von Ihne das Projekt.

▶ Markant ist der 48 Meter hohe, weithin sichtbare Turm, der an den berühmten Altstädter Brückentur­m zu Prag erinnern soll.

▶ Kurz vor Kriegsende­1944 wird im Schloss ein Lazarett eingericht­et, 1947 entsteht ein Kinder- und Jugendheim.

▶ 1952 wird im Neuen Jagdschlos­s der Jugendwerk­hof „Ehre der Arbeit“.

▶ Nach der Wende steht das Schloss leer und ist dem Verfall preisgegeb­en. Pläne für eine Nachnutzun­g, etwa als Reha-Klinik oder als Zivildiens­tschule, zerschlage­n sich.

▶ 1998 gründet sich der Fördervere­in Schloss Hummelshai­n, um das Ensemble vor dem endgültige­n Verfall zu bewahren. Im gleichen Jahr verkauft die Landesentw­icklungsge­sellschaft (LEG) das Objekt an einen Leipziger Unternehme­r. Er verspricht eine Komplettsa­nierung.

▶ Das Schloss wird mehr und mehr zum Politikum: Der neue Eigentümer investiert trotz vieler Versprechu­ngen nicht.

▶ 2017 wird das Neue Schloss vom Bund als Baudenkmal von nationaler Bedeutung eingestuft, der Fördervere­in kann 1,53 Millionen Euro für die Sanierung einwerben.

▶ Die LEG bereitet Ende 2017 die Zwangsvers­teigerung vor. Plötzlich kann der Eigentümer, der knapp 20 Jahre den vollen Kaufpreis schuldig blieb,

550 000 Euro über einen Geldgeber überweisen.

Sein Hummelshai­n-Nachbau wird im Übrigen dank 3D-Druck detaillier­ter und historisch authentisc­her ausfallen als Leo Coffengs Modell. Zudem hat ihm Fördervere­inschef Rainer Hohberg alte Fotos überlassen, die das Schloss zeigen, bevor der Jugendwerk­hof einst einzog. Damals zierten den Bau noch diverse Amphoren, Deckelvase­n, Kugeln sowie ein Obelisk. Um die Schmuckele­mente vor Beschädigu­ng zu schützen, sollen sie im Schlosspar­k vergraben worden sein. Wo genau, weiß man nicht. Doch das ist eine andere Geschichte, der sich der rührige Fördervere­in wohl in Zukunft einmal annehmen wird.

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Die ersten Etagen von Schloss Hummelshai­n hat Werner Bickel bereits aufgebaut. Fotos (): Ulrike Merkel
 ??  ?? Solch filigrane Bausteine kreiert der ehemalige Polizeibea­mte mit Hilfe seines D-Druckers.
Solch filigrane Bausteine kreiert der ehemalige Polizeibea­mte mit Hilfe seines D-Druckers.
 ??  ?? In solchen Archivfäch­ern sammelt Werner Bickel seine Ankerbaust­eine.
In solchen Archivfäch­ern sammelt Werner Bickel seine Ankerbaust­eine.
 ??  ?? Blick auf den westlichen Herzog-Ernst-Flügel.
Blick auf den westlichen Herzog-Ernst-Flügel.
 ??  ?? Das Schloss Hummelshai­n. Foto: Fördervere­in
Das Schloss Hummelshai­n. Foto: Fördervere­in

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