Streit der Union um Asylpolitik sorgt für Anspannung in Berlin
CDU-Spitze: Alleingang kann Europa weiter spalten und schwächen. Grüne werfen CSU unverantwortliche Politik vor
Berlin. Der Streit in der Union um die Flüchtlingspolitik hält Berlin weiter in Atem. Die CDUSpitze rief die Parteibasis am Freitag mit einem Appell zur Unterstützung von Kanzlerin Angela Merkel auf. Die von CSU-Chef und Innenminister Horst Seehofer geplanten ungeordneten Zurückweisungen von Migranten an den Grenzen könnten „zu einem negativen Dominoeffekt und letztlich der Infragestellung des Europäischen Einigungswerks führen, für das wir als CDU immer gestanden haben“, schrieb CDUGeneralsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer in einem Brief an die Mitglieder.
Seehofer interpretierte das als direkte Attacke auf seine Christsozialen. „Frau Kramp-Karrenbauer stellt uns als Provinzfürsten aus Bayern hin, die die europäische Idee nicht verstanden haben“, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“. Dabei habe die CDU den Kontinent im September 2015 gespalten.
Vizekanzler und Finanzminister Olaf Scholz (SPD) ermahnte die Koalitionspartner, sich nicht als Fortsetzung einer Fantasy-Serie aufzuführen, in der es um die Machtkämpfe von Herrscherhäusern geht. „Die Aufgabe, unser Land zu regieren, ist keine Folge von ‚Game of Thrones‘, sondern eine ernste Angelegenheit.“Grünen-Chef Robert Habeck warf der CSU eine unverantwortliche Politik vor. „Der Plan von Innenminister Seehofer bedeutet faktisch, dass Deutschland Italien, Griechenland oder Spanien die gesamte Verantwortung für die Flüchtlinge aufhalst“, sagte Habeck der „Rheinischen Post“. „Vor allem Italien mit seiner neuen Regierung treibt man damit aus der EU.“
FDP-Chef Christian Lindner fordert von der Bundesregierung ein „klares Signal an Europa“in der Flüchtlingspolitik. „Deutschland kann nicht die Hauptlast tragen“, sagte er in der ARD. (dpa)