Thüringer Allgemeine (Artern)

Mexiko: Seifenoper mit Happy End?

Zweifel an Trainer Osorio und eine Party-Affäre in der Vorbereitu­ng. Deutschlan­ds Gegner lacht trotzdem

- Von Kai Schiller

Moskau. Juan Carlos Osorio ist ein Perfektion­ist. Während seine Mannschaft das Aufwärmpro­gramm auf dem Trainingsp­latz von Dynamo Moskau im Norden der Metropole bewusst locker angeht, die Spieler rumblödeln und einige sich bei einem Tunnelschu­ss wie kleine Kinder freuen, ist der Nationaltr­ainer auf einem Nebenplatz allein und stellt Hütchen auf. Osorios Botschaft vor der folgenden Einheit ist deutlich: Er persönlich habe vor Mexikos WM-Auftakt am Sonntag gegen Deutschlan­d alles im Griff.

„Osorio hat nichts im Griff“, sagt Reporter Roberto Lopez vom TV-Sender Imagen. Der Journalist sieht vor dem Duell gegen die DFB-Auswahl ziemlich schwarz. „Wir haben einfach kein Vertrauen in den Trainer.“In Mexiko hat Osorio vor allem ein kaum zu lösendes Problem: Er ist kein Mexikaner. „Der Trainer ist Kolumbiane­r, und seine Art, die Mannschaft aufzustell­en, gefällt uns Mexikanern nicht“, sagte Sturmlegen­de Hugo Sanchez kürzlich.

Tatsächlic­h kann man behaupten, dass in der Vorbereitu­ng auf diese WM so ziemlich alles schief gelaufen ist, was schief laufen konnte. Das Schlamasse­l fing vor einem Jahr beim Confed-Cup an. Bei der Generalpro­be zur WM wurde Osorios Team im Halbfinale mit 1:4 von Deutschlan­ds B-Mannschaft vorgeführt. Zu allem Überfluss flog Osorio im verlorenen Spiel um Platz drei gegen Portugal (1:2 n.V.) nach „wilden Gesten“in Richtung des Unparteiis­chen vom Platz. Verhält sich so einer, der alles im Griff hat?

Nun ja. In einem Jahr vor so einer WM kann ja viel passieren. Zum Beispiel eine Untersuchu­ng um Routinier Rafael Marquez, der in einem Geldwäsche­skandal verstrickt sein soll. Und dann war da die „Affäre Abendessen“, über die in der vergangene­n Woche die ganze Welt berichtete. Die ganze Mannschaft soll sich auf der Geburtstag­sparty des früheren Leverkusen­ers Chicharito mit 30 Escortdame­n vergnügt haben. „Wir haben das intern geklärt, wir wurden noch stärker zusammenge­schweißt“, bekräftigt­e Osorio.

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