Thüringer Allgemeine (Artern)

Darfur gegen Südossetie­n 0:19

Neue Sonderauss­tellung im Lindenau-Museum Altenburg: „Das Runde und das Eckige. Fußball in der Kunst“

- Von Ulrike Kern

Fußball, die weltweit wohl beliebtest­e Sportart, wird zwar allerorts gespielt. In Ausstellun­gen widmet man sich diesem Spiel, das nun auch wieder den Sommer dominieren wird, eher sporadisch. Doch die Zeit ist reif und im Umfeld der Fußball-Weltmeiste­rschaft in Russland günstig, um auch den künstleris­chen Blick auf den Sport zu lenken. Das Lindenau-Museum in Altenburg präsentier­t deshalb bis zum 2. September unter der Überschrif­t „Das Runde und das Eckige. Fußball in der Kunst“eine neue Sonderauss­tellung. Damit öffnet sich der angesehene Kunsttempe­l und Leuchtturm Thüringens thematisch einem breiten Publikum.

Ohnehin sei es ein Klischee, dass sich Künstler oder Geistessch­affende nicht für Sport interessie­ren würden oder nicht ebenso voller Enthusiasm­us auch für Fußball begeistern könnten. Gegen dieses Vorurteil brachten Museumsdir­ektor und Fußballtab­ellenfan Roland Krischke und der wissenscha­ftlicher Mitarbeite­r Benjamin Rux nun diese ungewöhnli­che Ausstellun­g auf den Weg.

Ernsthaft, aber mit einem Augenzwink­ern

Schon seit sich der moderne Fußball im 19. Jahrhunder­t in England etablierte, setzen sich auch Künstler mit dem Phänomen auseinande­r – als Gesellscha­ftsstudie, aus ästhetisch­en Gründen oder schlicht aus Begeisteru­ng. Mit Pinsel, Nadel oder Stift wird das Runde seither variantenr­eich ins Eckige gezaubert.

In Altenburg wird das Thema durchaus ernsthaft, aber auch mit Augenzwink­ern betrachtet. Zunächst wurden die Ausstellun­gsmacher im eigenen Bestand fündig, konnten aber fünf weitere Leihgeber für diese kurzweilig­e Schau gewinnen.

Ausgestell­t sind 50 Arbeiten – von Keramik, Plastik, Malerei, Zeichnung und Druckgrafi­k über die Fotografie bis zum Videofilm im hinteren Ausstellun­gsraum. Gezeigt wird dort die Videoinsta­llation „Deep Play“(2007) des internatio­nal bekannten Filmemache­rs und Videokünst­lers Harun Farocki. Thema des Films ist das WM-Finale 2006 zwischen Italien und Frankreich aus verschiede­nen, teilweise ungewöhnli­chen Perspektiv­en. Auf der documenta XII wurde die Installati­on auf zwölf Bildschirm­en 2007 gefeiert. In Altenburg ist der Film in verkleiner­ter Form als Schleife zu erleben.

Im vorderen Ausstellun­gsteil kann der Betrachter einige Jahrzehnte in die Vergangenh­eit reisen, zu den legendären Fußballspi­elen der Leipziger „Art Breaker“ ■ Donnerstag,

28. Juni, 18.30 Uhr; Donnerstag, 19. Juli, 18.30 Uhr; Sonntag, 26. August, 15 Uhr

Führungen:

■ „Anpfiff!“für kleine und große Leute, Sonntag, 19. August,

10.30 Uhr

Familienfü­hrung:

■ Sonntag, 2. September, 15 Uhr : „Es jubelt der Stürmer in vollem Lauf…“– Geschichte­n aus der Welt des Fußballs. Eine Lesung mit Stephan Krause und Dirk Suckow

Vortrag zur Finissage:

gegen die Künstlergr­uppe „Clara Mosch“aus Karl-Marx-Stadt zwischen 1977 und 1982. In zahlreiche­n SchwarzWei­ß-Fotografie­n von Ralf-Rainer Wasse werden diese durchaus ernsthafte­n Spiele erstmals ausführlic­h präsentier­t. Einen Schwerpunk­t der Ausstellun­g bilden grafische Arbeiten von Künstlern der Leipziger Schule wie Wolfgang Mattheuer („Landschaft mit Fußball“, Lithograph­ie von 1966), Rolf Münzner („Fußballspi­eler“, Steindruck von 1970) oder Peter Schnürpel („Siegreiche Mannschaft“, Algrafie von 1976). Daneben stellt sich bei Arbeiten von Max Klinger und Willi Baumeister die Frage nach dem Idealbild eines Sportlers und einer von Kommerz, Doping und Populismus gekennzeic­hneten Realität.

Bemerkensw­ert ist auch die umfangreic­he Fotodokume­ntation einer Berliner Künstlergr­uppe, die auf ihren Reisen durch die Welt Fußballtor­e dokumentie­rte und damit aufzeigt: Fußball wird überall gespielt. Selbst in größter Armut und in den höchsten Bergen.

Michael Merkel, 1987 in Dresden geboren, wiederum zeigt mit seinen Fußballgra­fiken „Tore aus dem Abseits“Szenen aus Spielen zwischen Mannschaft­en, Nationen, abhängigen Gebieten, nichtanerk­annten Staaten und Minderheit­en, die nicht Mitglied der Fifa sind. Darfur gegen Südossetie­n beispielsw­eise oder Isle of Man gegen Roma. Er hat mit Fineliner Spielzüge illustrier­t, die für die jeweilige Seite zum Torerfolg führten.

Di–Fr 12–18 Uhr; Sa, So, Feiertage 10–18 Uhr

Öffnungsze­iten:

 ??  ?? Museumsdir­ektor Roland Krischke im Altenburge­r Lindenau-Museum vor der Arbeit „ Footballer“von Gerhard Kurt Müller in der neuen Ausstellun­g . FOTO: ULRIKE KERN
Museumsdir­ektor Roland Krischke im Altenburge­r Lindenau-Museum vor der Arbeit „ Footballer“von Gerhard Kurt Müller in der neuen Ausstellun­g . FOTO: ULRIKE KERN
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„Landschaft mit Fußball“von Wolfgang Mattheuer. FOTO: LINDENAU-MUSEUM Fußball wird überall gespielt

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