Mikroskop des Nobelpreisträgers zerstört
Millionenschaden nach Brand in Museumsdepot
Ingolstadt. Bei einem Großbrand in einem Lager des Deutschen Museums ist ein Schaden von mindestens zehn Millionen Euro entstanden. Das Museum in München, das zu den größten Technikmuseen der Welt gehört, hat rund 8000 Ausstellungsstücke nach Ingolstadt ausgelagert. Dort wüteten die Flammen in der Nacht zum Donnerstag mehr als zwei Stunden lang.
Unter den betroffenen Exponaten sei beispielsweise ein Mikroskop von Chemie-Nobelpreisträger Manfred Eigen. „Das Mikroskop eines Nobelpreisträgers bekommen Sie kein zweites Mal“, machte Museumssprecher Gerrit Faust die Bedeutung einiger der Ausstellungsstücke klar. Der ideelle Wert der Objekte sei daher nicht zu beziffern, der rein materielle Schaden liegt nach Angaben des Museums „aber sicher im zweistelligen Millionenbereich“.
Nach Polizeiangaben war es in der Halle aus ungeklärter Ursache zu einer Verpuffung gekommen, dadurch brach das Feuer aus. Die Ingolstädter Kripo hat die Ermittlungen in der Brandruine aufgenommen. Menschen kamen bei dem Feuer nicht zu Schaden.
Das Technikmuseum hatte dort Exponate von der Nähmaschine bis zum Segelflugzeug gelagert. Die Mitarbeiter hoffen, dass manche Stücke das Feuer überstanden haben.
Da viele der Gegenstände aus Metall seien, könne es sein, dass diese nur verrußt seien und durch eine Restauration gerettet werden könnten. „Wenn es gut geht, ist es kein Totalverlust“, sagte Museumssprecher Faust. (dpa) Erfurt. Ein Bahnsteig, ein junger Mann in einem Militärmantel, der ihn wie eine viel zu große fremde Haut umgibt. An seiner Seite der alte Vater, aus seinem faltigen Gesicht lacht das Glück. Der Sohn ist zurück. Wir sehen die Familie beim bescheidenen Festessen, dann den Sohn, der in seinem Bett ruht wie auf der Totenbahre. Ist er wirklich zurück? Oder haben Krieg und Gefangenschaft nur einen Schatten ausgespuckt?
1947 fotografierte Hilmar Pabel diese Serie von einer Heimkehr aus Kriegsgefangenschaft. Gegenüber, fast ein Jahrzehnt später, geht es voran mit dem Wirtschaftswunder. Stramm hängen Würste in Reih und Glied in der gekachelten Fleischerei. Daneben Fotografien, die für Tapeten werben. Schöner Wohnen, besser essen, es geht aufwärts.
Mit diesen Reportagebildern beginnt die Ausstellung „Analog und Schwarzweiß: Fotografien aus Westdeutschland 1945 bis 2000“. Eine Ausstellung, die der Passion des Bad Hersfelder Arztes Michael Schupmann zu verdanken ist.
Wir sehen Badende in gehäkelten Kappen, ein liebendes Paar, Hochöfen, Fördertürme, ein Getreidesilo, in Szene gesetzt als wären es architektonische Kostbarkeiten. Zwei Treppen höher, und man begegnet Models in feinem Stoff. Kostüme mit schmalen Taillen und Schlauchröcken über Pfennigabsätzen. So haben sie ausgesehen unsere Mütter und Großmütter, als sie jung waren.
Unsere Mütter? Es ist nicht direkt alles fremd. Aber wirklich vertraut ist vieles auch nicht.
Mentale Einblicke in einen fremden Alltag
Es hat in den vergangenen Jahren viele Ausstellungen mit DDR-Fotografien gegeben. Reportagehafte Momentaufnahmen, inszenierte Bilder, Porträts, Modefotografien. Bilder, die eine eigenartige Gefühlslage erzeugen, fast so, als würde man in alten Familienalben blättern. Manchmal sind es Bilder, die zu Ikonen einer Zeit wurden, wenn man an Genscher auf dem Balkon der Prager Botschaft denkt. Jede Generation hat ihre eigenen. Manchmal ist es ein winziges Detail, das an eine längst verweht Erinnerung, eine Atmosphäre, einen fast vergessenen Geruch andockt. Eine mentale Chiffre, die nur Menschen verstehen, die im gleichen Mikroklima gelebt haben.
So gesehen könnte diese Ausstellung ein Impuls sein für die Frage, was Sozialisierung ausmacht, wie sie Generationen über Zeitbrüche hinweg prägt. Denn sie bietet in Teilen auch mentale Einblicke in ein Land, das einmal das andere war. Mit anderen Ikonen, anderem Alltag. Manchmal verrät sich das auf den ersten Blick durch das Sujet, wie die Straßenproteste aus Frankfurt, die Barbara Klemm 1970 fotografierte. Manchmal ist es nur eine Geste, wie die devote Verbeugung unter honorigen Herren im Kunstverein Köln. Und manche dokumentierte 60igerJahre-Tristesse hätte auch gut diesseits der einstigen Grenze vor der Kamera lauern können.
Die Ausstellung gibt Gelegenheit, Fotografen zu begegnen, die in den westdeutschen Nachkriegsjahren zu Nicht weil jemand den Farbfilm vergessen hätte. Anders als die Fotografen in der DDR, denen der Mangel in der heimischen Filmindustrie häufig den Griff zum Schwarz-Weiss-Film diktierte, nutzten die Künstler bewusst die ästhetische Kraft der Schwarz-Weiß-Fotografie.
So manches Bild, vermutet Museumschef Kai Uwe Schierz, wird hiesigen Betrachtern nahezu exotisch vorkommen. Wir sehen Arbeiten, bei denen die Crux im technischen Konzept liegt und man wissen muss, um zu sehen. Andere sind assoziativ, erinnern an verrätselte Gemälde der Symbolisten. Viel Spiel mit grafischen Effekten, mit Licht und Schatten, sogar die gute alte Camera obscura wird neu interpretiert. Es gibt Fotografien, die eröffnen auf den zweiten Blick überraschende Perspektiven auf alltägliche Sujets und fragen, wie viel Wirklichkeit in einem Abbild steckt.
Andreas Müller-Pohle, zum Beispiel, der Polaroid-Fotos vom Kölner Dom ihrer Zersetzung preisgab. So hat ihn vermutlich noch kein Tourist fotografiert. Ist das Abbild deshalb weniger wahr? Er übersetzte das älteste Foto der Welt, das der französische Erfinder Joseph Niépce 1826 anfertigte, in digitale Sprache. Von Karl Martin Holzhäuser sind Bildreihen zu sehen, die an die Lichtspiele der Bauhäusler erinnern.
Spannend, bemerkt der Direktor der Erfurter Kunstmuseen Kai Uwe Schierz, dass vor allem junge Künstler auf alte Techniken zurückgreifen. Als wollten sie der allgegenwärtigen Bilderflut des digitalen Zeitalters dem einzelnen Bild seinen Wert zurückgeben. Dem eingefrorenen Augenblick seine Kostbarkeit.
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Kunsthalle Erfurt, . Oktober bis . Januar. Eröffnung Samstag, Uhr. Dienstag bis Sonntag bis Uhr, Donnerstag bis Uhr