Greußen plant Landgemeinde ohne direkte Nachbarn
Stadtrat soll über neuen Anlauf zur freiwilligen Fusion beraten. Auch Ebeleben bemüht sich um Eingemeindung
Greußen. Die Verwaltungsgemeinschaft (VG) Greußen steht vor der Auflösung. Der Stadtrat von Greußen wird am kommenden Dienstag über die Bildung einer Landgemeinde mit Großenehrich, Niederbösa, Oberbösa, Trebra, Wasserthaleben und Wolferschwenda beraten.
Bis Ende Oktober müssen die Gemeinden dazu ihre Beschlüsse fassen und der Kommunalaufsicht vorlegen, um von den Prämien des Landes für eine freiwillige Gemeindeneugliederung zu profitieren.
Nicht alle Gemeinden aus der VG Greußen sind von der freiwilligen Fusion begeistert. Clingen, Westgreußen und Topfstedt, die ebenfalls der Verwaltungsgemeinschaft angehören, beteiligen sich nicht. Sie hatten bereits bei der ursprünglich von der rot-rot-grünen Landesregierung geplanten Gebietsreform und einer Zwangsfusion mit Klage gedroht.
Dafür hat sich Wolferschwenda entschlossen, seine Eigenständigkeit aufzugeben und der geplanten Landgemeinde beizutreten. Bislang war für das Dorf die Stadt Ebeleben erfüllende Gemeinde.
Zeit ist knapp: Ende Oktober endet Frist
Für die Verwaltungsgemeinschaft Greußen würde die Landgemeinde — vorbehaltlich des Landtagsbeschlusses – zwangsläufig das Aus bedeuten, erläuterte VG-Chef Ulrich Georgi gestern. Die drei Gemeinden, die sich nicht an der neuen Verwaltungseinheit beteiligen wollen, würden nach Auflösung der VG von der neuen Landgemeinde „Stadt Greußen“als erfüllende Gemeinde betreut.
Möglich macht die Landgemeinde in dieser Konstellation ohnehin erst ein wenige Tage altes Schreiben aus dem Landesverwaltungsamt, welches auch den jetzt entstandenen Zeitdruck erklärt. In dem Brief an die Städte und Gemeinden vom 20. September werden die im vergangenen Jahr beschlossenen Leitlinien für die Neugliederungen der Gemeinden aufgeweicht. So waren damals neben der Mindesteinwohnerzahl (6000 Einwohner im Jahr 2035) unter anderem auch das „Entstehen einer zusammenhängenden Fläche der neuen Einheits-, Landgemeinde“sowie „gemeinsame Gemeindegrenzen...“als Indikatoren festgelegt worden.
Genau diese Voraussetzungen wird die neue Landgemeinde gar nicht erfüllen. Freiwillig wollen sich nur die Gemeinden zusammenschließen, die gar keine gemeinsame Fläche bilden. Da ausgerechnet die Gemeinden, die sich der Reform verschließen, Clingen, Westgreußen und Topfstedt, das Gebiet durchschneiden werden.
Das sei aber nicht mehr Voraussetzung, wurde Greußens Bürgermeister bei einem Gespräch im Innenministerium erklärt und mit dem Schreiben des Landesverwaltungsamts auch offiziell beschieden. „Daraufhin haben wir die Gespräche wieder aufgenommen“, berichtete René Hartnauer (SPD) der Thüringer Allgemeinen.
Hartnauer, der ohnehin Verfechter einer größeren Struktur war, sieht vor allem die Chancen. Die Prämie, die die Gemeinden in der Freiwilligkeitsphase bei Zusammenschlüssen vom Land erhalten, „sind nur ein Leckerli“, sagte Hartnauer. Effizientere Strukturen erhofft er sich und nennt als Beispiel die vielen kleinen Bauhöfe mit höchstens einem Mitarbeiter, die momentan von jeder Gemeinde einzeln vorgehalten werden. Aber auch die Möglichkeit, mit „einem größeren Haushaltsvolumen auch größere Investitionsmaßnahmen anpacken zu können“. Und er gibt zudem zu bedenken, dass künftig kleinere Gemeinden bei der finanziellen Ausstattung durch das Land benachteiligt werden könnten.
Am 23. Oktober wollen sich die potenziellen Mitglieder der neuen Landgemeinde treffen. Bis dahin, so hofft Hartnauer, sieht man klarer, welche Gemeinden sich tatsächlich beteiligen werden und einen Ratsbeschluss für eine Landgemeinde herbeigeführt haben. Am 30. Oktober läuft die Antragsfrist für die dritte und letzte Runde der freiwilligen Gemeindezusammenschlüsse in dieser Wahlperiode ab. 70 Millionen sind noch im Etat für Fusionsprämien und Beihilfen. Im September 2019 plant der Landtag, das Gesetz zu beschließen. Tritt das Gesetz in Kraft, könnte am 1. Januar 2020 die neue Landgemeinde „Stadt Greußen“entstehen. Ein halbes Jahr Zeit bleibt dann, um einen neuen Bürgermeister und einen Rat für die Landgemeinde zu wählen.
Die bisherige VG-Verwaltung würde indes von der Neustrukturierung größtenteils unberührt bleiben. Die Landgemeinde würde Rechtsnachfolger und das Personal übernehmen, erklärte Hartnauer. Einzig der von den VG-Mitgliedsgemeinden gewählte VG-Chef würde in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Ein geschäftsleitender Beamter würde der Verwaltung der Landgemeinde vorstehen, sagte VG-Chef Ulrich Georgi. Auch Ebelebens Bürgermeister Steffen Gröbel (Freie-WählerVereinigung) möchte gern mit weiteren Ortschaften fusionieren und steht seit seinem Amtsantritt im Gespräch, vor allem mit den übertragenen Gemeinden. „Die Gespräche verlaufen nur stockend, die Gemeinden sind nur schwer von den Vorteilen zu überzeugen“, schildert Gröbel. „Die Gemeinden sind zwar finanziell kaum handlungsfähig, wollen aber ihre paar Euro noch selber verwalten.“
Neben den Fusionsprämien, die das Land bei freiwilligen Zusammenschlüssen bis zum Jahresende noch zahlt, sieht Gröbel in erster Linie die Stärkung der Region sowie die langfristige Sicherung von Ebelebens Funktion als Grundzentrum als wichtige Ziele.
„In der Vergangenheit ist Ebeleben oft zu arrogant aufgetreten. In drei Monaten kann man nur schwer verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen.“Gröbel erhielt in seinen Gesprächen nach eigenen Aussagen vor allem von Thüringenhausen positive Rückmeldungen. Eindeutige Ablehnungen erfuhr Gröbel bei Verhandlungsversuchen mit Abtsbessingen, Bellstedt und Holzsußra, die allesamt ihre Selbstständigkeit behalten wollen. Einen letzten Fusionsversuch will Ebelebens Stadtoberhaupt unternehmen. Gemeinsam mit Vertretern von drei weiteren Gemeinden trifft man sich zu Gesprächen bei der Kommunalaufsicht.
Ebeleben führt Gespräche mit drei Gemeinden