Winter will für besseren EU-Listenplatz kämpfen
Frauenquote könnte der Staatssekretärin nutzen. Heftige Kritik in Landes-SPD am Verzicht des Europaabgeordneten von Weizsäcker
Erfurt. Die neue Spitzenkandidatin der Thüringer SPD für die Europawahl, Babette Winter, will auf dem Bundesparteitag am Sonntag in Berlin für einen vorderen Platz auf der EU-Wahlliste ihrer Partei antreten. „Ich werde eine Kampfkandidatur wagen“, sagte die Thüringer Europastaatssekretärin der Thüringer Allgemeinen. Sie wolle sich für einen Platz zwischen 10 und 20 bewerben. Laut aktueller Umfragen kann die SPD künftig nur noch mit 15 Sitzen im Europaparlament rechnen.
Winter war bislang – wie schon im Jahr 2014 – Ersatzkandidatin für den Thüringer EUAbgeordneten Jakob von Weizsäcker. Der 48-Jährige hatte jedoch überraschend am Mittwoch erklärt, im Januar 2019 als Chefvolkswirt ins Bundesfinanzministerium wechseln zu wollen. Gleichzeitig verzichtete er auf eine erneute Kandidatur und kündigte an, sein Mandat zu Beginn des neuen Jahres niederzulegen.
Hintergrund für den Wechsel ist, dass von Weizsäcker vom SPD-Bundesvorstand nur für Listenplatz 26 vorgeschlagen war. Damit wurden ihm keinerlei Chancen eingeräumt, nach der Europawahl am 26. Mai 2019 sein Mandat behalten zu können. Winter hofft nun, mittels der Frauenquote auf einen vorderen Platz zu gelangen.
Unklar bleibt weiterhin, ob die Staatssekretärin zu Jahresbeginn den Parlamentssitz für die restlichen Monate der Wahlperiode von Jakob von Weizsäcker übernimmt. Sie ist die erste Nachrückerin für das Mandat, allerdings müsste sie dafür bis befinde sich noch „in Abwägung“.
In der Thüringer SPD gab es neben Verständnis für Weizsäckers Entscheidung auch erheblichen Babette Winter, SPD Staatssekretärin
Widerstand. Auf der Sitzung des Landesvorstandes am Mittwochabend wurde dem Abgeordneten nach TA-Informationen „Fahnenflucht“, Verantwortungslosigkeit und unsolidarisches Verhalten vorgeworfen. Zudem gab es einen Antrag, die Entscheidung offiziell zu missbilligen, allerdings kam es am Ende nicht zur Abstimmung darüber.
Die Jusos äußerten ihre Kritik auch öffentlich. Die Personalie sei nur schwer in Partei und Öffentlichkeit zu vermitteln, sagte Landeschef Oleg Shevchenko. „Mit ihr wird das Signal nochmals verstärkt, das wir nicht wollen, nämlich dass es in der Politik nur um Postengeschacher geht.“Persönlich zeuge die Entscheidung des Abgeordneten von „wenig Haltung“und lasse die SPD im schlechten Licht dastehen.
Landesvorstandsmitglied Dorothea Marx bezeichnete die Angelegenheit als „unschön“. Es sei fraglich, ob es Babette Winter jetzt kurzfristig auf der Liste weiter nach vorne schaffe, sagte die Landtagsvizepräsidentin. Außerdem wäre es fatal, wenn das Mandat schon jetzt für Thüringen verloren gehe.
Die Vize-Landesvorsitzende Diana Lehmann sagte: „Ich bedauere, dass wir Jakob als profilierten Europapolitiker verlieren. Das ist für die Partei nicht schön, aber wir müssen es respektieren.“Gut sei, dass die Landespartei mit Winter eine „hervorragende Alternative“habe.
Jakob von Weizsäcker arbeitete vor seiner Abgeordnetenzeit als Abteilungsleiter im Thüringer Wirtschaftsministerium. Im Bundesfinanzministerium soll er neben seinem Posten als Chefökonom auch die Abteilung für Grundsatzfragen leiten.
„Der Wahlkampf für die Europawahl wird nicht einfach. Aber die Herausforderung spornt mich an.“