Nach dem fünften Fest wird er (vielleicht) abgeschmückt
Blaufichte steht seit vier Jahren in der Wohnung Ernst-Günther Steineke in Sondershausen
Kyffhäuserkreis. Das Geschäft mit Weihnachtsbäumen boomt. An allen Ecken werden die stachligen Gewächse derzeit angeboten. Fichten, Tannen und Kiefern haben aber den entscheidenden Nachteil, dass sie irgendwann anfangen zu nadeln. Wer das umgehen möchte, der greift zu einem Plastikbaum.
Nicht so Ernst-Günther Steineke aus dem Sondershäuser Ortsteil Jecha: Sein Weihnachtsbaum erlebt bereits das fünfte Weihnachtsfest – und die Nadeln halten immer noch.
Nein, wirklich schön sieht der Baum nicht mehr aus. Die Äste hängen traurig herab, das Chlorophyll ist größtenteils verflogen. Der Baumschmuck dominiert eindeutig, und an den unteren Ästen haben die Hauskatzen schon geknabbert. Dennoch: selbst durch Schütteln fallen kaum weitere Nadeln ab.
„Am 22. Dezember 2014, um 13 Uhr habe ich den Baum aufgestellt und geschmückt“, erinnert sich Ernst-Günther Steineke noch genau. „Seitdem steht er bei mir im Wohnzimmer.“
Warum der Baum seine Nadeln nicht abwirft, kann Steinecke nicht erklären. Der heute 74-Jährige holte die Blaufichte damals im Südharzer Bösenrode. „Ich wollte dort eigentlich nur Taubenfutter besorgen, sah den schönen Baum für 20 Euro und nahm ihn mit“, blickt er zurück. Der gelernte Maler und spätere Galvanik-Arbeiter holt sonst jedes Jahr einen Weihnachtsbaum. „Das kenne ich nicht anders, von klein auf gab es bei uns immer einen Baum zum Fest.“Das Exemplar von 2014 sollte bis Ostern stehen bleiben, nicht länger. „Dann wäre er durch den Ofen gegangen.“Allerdings behielt die Blaufichte ihre Nadeln und der Besitzer seinen Baum. Im zweiten Jahr verfasste Steineke ein Gedicht auf den Immergrünen: „Da stehst du nun im zweiten Jahr...“.
Im Kirmesverein Jecha feierte man in diesem Jahr die 65-jährige Mitgliedschaft von ErnstGünther Steineke und da war natürlich auch der immergrüne Weihnachtsbaum des Kirmesfreundes ein Thema. Uli Klüßendorf, der Sondershäuser Forstamtsleiter, kennt Steineke gut, hat allerdings auch keine Erklärung für die Nadel-Verweigerung. „Normalerweise beginnt eine Blaufichte nach zehn Tagen zu nadeln“, so der Forstspezialist.„WennichmeinenBaumin der ersten Januarwoche aus der Wohnung bringe, dann ist der Teppich stets voller Nadeln.“
Klüßendorf empfiehlt Nordmanntannen und Kiefern, wenn der Baum länger stehen soll. Auch für Ernst-Günther Steinekes Baum könnte es das letzte Weihnachtsfest sein. Der Jechaer überlegt ernsthaft, die Blaufichte nach diesem Fest zu verheizen. Im kommenden Jahr wird es dann natürlich einen neuen Baum geben.