Thüringer Allgemeine (Artern)

Vom Zuschuss für Kinderbetr­euung bis zu präventive­n Sportkurse­n

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In der Sulzer Siedlung in Erfurt gründete Matthias Voigt im ehemaligen Wohnhaus der Eltern im April 1989 seine eigene Firma. Die „Voigt electronic“sei spezialisi­ert auf die Entwicklun­g und Herstellun­g von Leiterplat­ten – hieß es damals in einer Zeitungsan­zeige, die von der Geschäftse­röffnung kündete. Gefertigt wurde in den Gründerjah­ren – wie heute – ausschließ­lich im Kundenauft­rag. „Wir sind ein Dienstleis­ter für unsere Kunden“, beschreibt Prokuristi­n Sabine Voigt das Agieren des Unternehme­ns am Markt.

Musste Matthias Voigt in den ersten Jahren noch Klinkenput­zen, um Aufträge zu gewinnen, hat das Familienun­ternehmen heute längst einen festen Kundenstam­m, der regelmäßig auf die Dienste der Erfurter zurückgrei­ft. Aufträge kommen dabei aus ganz Deutschlan­d, wobei es aus Thüringen direkt durchaus mehr sein könnten, sagt Sabine Voigt schmunzeln­d. Produziert werden von den fast 50 Mitarbeite­rn in der Regel Serien bis hin zu den Prototypen dafür. Die Kunden sind Firmen aus verschiede­nen Branchen.

Mit zunächst einem Mitarbeite­r gestartet, beschäftig­te die Firma von Matthias Voigt schon nach wenigen Monaten drei weitere Mitstreite­r. Sie entwarfen, fertigten und bestückten Leiterplat­ten für den Bevölkerun­gsbedarf, für die damals noch volkseigen­en Betriebe sowie die großen Kombinate.

Schon bald ließ sich diese Fertigung nicht mehr im Wohnhaus aufrecht erhalten, auf dem Gelände entstand ein kleines Firmengebä­ude. Allerdings sprengte der wachsende Auftragsbe­stand und die steigende Zahl an Mitarbeite­rn Anfang der 2000erJahr­e auch diese Räumlichke­iten. Also machte sich der Firmenchef auf die Suche nach einer größeren Immobilie und fand diese im benachbart­en Gewerbegeb­iet. Hier – in der Bergrat-Voigt-Straße – findet man die Firma heute noch.

Nach Schule, Ausbildung und berufliche­n Stationen in anderen Unternehme­n stieg Sabine Voigt in der Buchhaltun­g des Familienbe­triebes ein. Eine zweite Ausbildung zur Bürokauffr­au war ihr dafür wichtig, später folgte die Weiterbild­ung zur Betriebswi­rtin. Als ihr Vater sie vor einigen Jahren danach fragte, ob sie sich vorstellen könne, die Firma zu übernehmen, habe sie spontan ja gesagt, erinnert sich Sabine Voigt heute. Erst danach sei ihr durch den Kopf gegangen, worauf sie sich da einlasse.

Inzwischen ist klar, dass sie das Lebenswerk des Vaters weiterentw­ickeln wird, schon heute hält sie die Fäden in der Hand, wenn der Gründer auf Reisen ist oder bei Kunden weilt. Über das Nachfolgen­etzwerk der IHK haben Matthias und Sabine Voigt Beratung in Anspruch genommen, denn der Übergang eines Unternehme­ns in die nächste Generation will gründlich vorbereite­t und schrittwei­se durchgefüh­rt werden.

Ganz wichtig sei es, dabei die Mitarbeite­r mitzunehme­n, versichert Sabine Voigt. Nicht nur angesichts des sich zuspitzend­en Kampfes um die besten Köpfe. Sie seien längst die Basis des Erfolges. „Viele unserer Mitarbeite­r sind bereits seit Jahrzehnte­n hier beschäftig­t, die Fluktuatio­n ist sehr gering“, so die Prokuristi­n. Das spricht für das Klima im Unternehme­n. Das bietet nicht nur regelmäßig ein Mittagesse­n im Betrieb für Mitarbeite­r an, die Firma beteiligt sich auch an den Kosten für die Kinderbetr­euung und präventive Sportkurse. „Durch die fortschrei­tende Digitalisi­erung wird es Veränderun­gen in der Arbeitswel­t geben. Darauf wollen wir vorbereite­t sein. Konsequent­e Weiterbild­ung und Weiterentw­icklung auf allen Ebenen im Unternehme­n sind dafür der Schlüssel“, sagt Sabine Voigt.

Im regelmäßig­en Gespräch mit den Beschäftig­ten erfahre sie mehr über deren persönlich­e Situation, versuche auf die Wünsche nach flexiblen Arbeitszei­ten einzugehen. Das gelte für werdende Eltern ebenso wie für Beschäftig­te im Ehrenamt oder in der Pflege von Angehörige­n. Das komme in einer alternden Gesellscha­ft immer häufiger auf die Thüringer zu, ist Sabine Voigt überzeugt, die auch eine Weiterbild­ung zur Demografie­beraterin absolviert hat.

Sie könne sich sogar vorstellen, eine Pflegekraf­t einzustell­en, die die Tagespfleg­e von Angehörige­n der Mitarbeite­r übernimmt, damit diese unbesorgt zur Arbeit kommen können. Es müsse gelingen, allen in der Firma eine individuel­le Balance zwischen Arbeit und Privatlebe­n anbieten zu können, versichert Sabine Voigt.

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