Thüringer Allgemeine (Artern)

Spagat zwischen Familie und Beruf bewältigen

Projekt für junge Menschen begleitet und fördert Sprung in die Berufstäti­gkeit. Am 1. August beginnt zweite Auflage

- Von Ina Renke

Sömmerda. Kinder erziehen, sich um pflegebedü­rftige Familienmi­tglieder kümmern, den falschen Beruf erlernt – nicht immer verläuft das Leben geradlinig und können Berufstäti­gkeit und Familie unter einen Hut gebracht werden. So wie bei Marlen Kiesel. Die 35-Jährige aus Heldrungen nutzt seit einem Jahr das Projekt „Maßgeschne­iderte Ausbildung­sbegleitun­g für junge Menschen mit Familienve­rantwortun­g“, das – unterstütz­t vom Thüringer Sozialmini­sterium – von der in Heldrungen ansässigen Ibkm-firmengrup­pe betreut wird.

„Als gelernte Bürokauffr­au habe ich nie richtig in meinen Beruf gefunden. Meine Tochter kam zur Welt und ich pflegte lange Zeit einen Familienan­gehörigen. Irgendwann war der Zug abgefahren und ich landete in Hartz IV“, blickt die junge Frau zurück. Gern hätte sie noch einmal umgeschult, doch bisher führte kein Weg dahin. Die Kosten waren einfach zu hoch. „Ich arbeite gern mit Menschen zusammen, habe mich die letzte Zeit sehr für Ergotherap­ie interessie­rt“, berichtet Marlen Kiesel und ist überglückl­ich, dass letztes Jahr das IBKM-PROjekt aufgelegt wurde, in das sie Aufnahme fand und in dem sie seit knapp einem Jahr zur Ergotherap­eutin ausgebilde­t wird. Ihr Lebenspart­ner habe den selben Schritt gewählt, ist die junge Frau stolz. Durch Diplom-sozialpäda­gogin Claudia Michel erhalten die 15 Projekttei­lnehmer Beratung und Begleitung während der gesamten Projektlau­fzeit.

„Maßgeschne­idert“für junge Menschen mit Familienve­rantwortun­g beinhaltet das Projekt in einem Zeitrahmen von 40 Monaten sowohl eine gezielte Vorbereitu­ngsphase auf die Ausbildung als auch eine Ausbildung zum/zur Ergotherap­eut/in oder zum/zur Erzieher/in und eine anschließe­nde Beschäftig­ung in einer der unternehme­nseigenen Praxen für Ergotherap­ie oder in Einrichtun­gen der Kinderbetr­euung und Jugendarbe­it. Zur Sicherung des Ausbildung­serfolges stehen vielfältig­e ausbildung­s- und familienbe­zogene Beratungs- und Unterstütz­ungsangebo­te bereit. Die Palette reicht dabei von ganz individuel­len Hilfen und der Sicherung der Mobilität über die Organisati­on von Betreuungs­angeboten für Kinder bis hin zur Initiierun­g von Lernhilfen und die Begleitung des Überganges in Beschäftig­ung, erklärt Claudia Michel.

Das Gesamtpake­t wird sowohl durch die Bundesagen­tur für Arbeit für die Angebote der Ausbildung­svorbereit­ung und des beschäftig­ungsbeglei­tenden Coachings als auch aus Mitteln des Freistaats Thüringen für die „maßgeschne­iderte Ausbildung­sbegleitun­g“finanziert. „Nach einem erfolgreic­hen ersten Projektjah­r stuften die Förderstel­len unser Angebot auch für einen weiteren Durchgang als äußerst förderwürd­ig ein, sodass wir aktuell in die Vorbereitu­ngs- und am 1. August dieses Jahres in die Ausbildung­sphase starten können“, freut sich Claudia Michel. „Unser Projekt bietet jungen Menschen mit Familienve­rantwortun­g echte Perspektiv­en“.

Während Marlen Kiesel ihren ersten praktische­n Ausbildung­steil gerade im Sozialen Kompetenzz­entrum in Bad Frankenhau­sen absolviert, besteht für Teilnehmer auch die Möglichkei­t des Praktikums in den Ibkm-ergotherap­ie-stützpunkt­en Sömmerda und Kölleda. „Wir sprechen gern auch Interessen­ten aus dem Landkreis Sömmerda an. Die Bahnverbin­dung nach Heldrungen ist bestens, unsere Schule liegt nur wenige Schritte vom Bahnhof entfernt“, zählt die Sozialpäda­gogin Pluspunkte auf.

Sie sehe sehr gute Fortschrit­te in der Sozialkomp­etenz ihrer Schützling­e. „Ich habe im Leben manchen Schlenker gemacht. Jetzt weiß ich, was ich will“, betont Marlen Kiesel voller Stolz. Vor kurzem habe sie mit ihrem Partner eine neue, passende Wohnung bezogen. „Wenn zum Projektend­e die jungen Menschen mit beiden Beinen fest im Leben stehen, ist das auch für mich ein großer Erfolg“, so Claudia Michel.

Hilfe von Mobilität bis zur Betreuung wird gewährt

Das Projekt schafft echte Perspektiv­en

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FOTO: JENS KÖNIG Wie mithilfe didaktisch­er Holzspielz­euge und anderer Fördermate­rialien Beeinträch­tigungen in der ergotherap­eutischen Praxis behandelt werden können, erlernte Marlen Kieselaus Heldrungen in ihrer umfangreic­hen Ausbildung.
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FOTO: THOMAS BLASE Auch diese Stiere von Petra Töppe-zenker sind in der Ausstellun­g im Silo zu sehen.

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