Umfrage: Linke und AFD gestärkt, CDU und Grüne büßen ein
Rot-rot-grün kommt auf die Hälfte der Sitze, weil die FDP an der Fünf-prozent-hürde scheitert
Erfurt. Gut einen Monat vor der Landtagswahl am 27. Oktober baut die Linke ihre Führungsposition in den Umfragen aus. Nach einer neuen Erhebung des Erfurter Meinungsforschungsinstituts Insa im Auftrag dieser Zeitung liegt die Partei inzwischen bei 29 Prozent. Das bedeutet einen Anstieg um drei Prozentpunkte gegenüber der letzten Umfrage im August.
Auch die AFD legt um drei Punkte zu und kommt jetzt auf 24 Prozent. Die Kontroverse um das abgebrochene Zdf-interview von Spitzenkandidat Björn Höcke scheint der Landespartei erkennbar nicht geschadet zu haben.
Damit verstärkt sich – wie schon zuvor in den Landtagswahlkämpfen in Sachsen und Brandenburg – die Polarisierung zwischen der größten Regierungspartei und der AFD. Diese Dynamik führt dazu, dass alle anderen Parteien verlieren oder stagnieren. Die oppositionelle CDU sinkt um einen Prozentpunkt auf 23 Prozent, die Grünen büßen zwei Prozentpunkte ein und stehen nun so wie die stabil niedrig bewertete SPD bei neun Prozent. Der FDP bleibt auch gemäß dieser Befragung mit vier Prozent die Rückkehr in den Landtag verwehrt.
Somit käme die aktuelle rotrot-grüne Koalition auf die Hälfte der Sitze im Parlament. Der Grund: Die Stimmen für FDP und sonstige Kleinparteien, die sich auf insgesamt sechs Prozent addieren, würden bei der Berechnung der Mandate keine Rolle spielen. Dadurch fehlt den Partnern Linke, SPD und Grünen bei gemeinsam erzielten 47 Prozent etwa noch ein Prozentpunkt für eine hauchdünne Mehrheit im Landtag. Umgekehrt wäre mit insgesamt nur 41 Prozent eine Cdu-geführte Regierung mit SPD und Grünen derzeit nicht möglich.
Die Crux für die Union: Linke und AFD bilden mit 53 Prozent inzwischen eine Art Blockademehrheit gegen eine bürgerliche Regierung. Ein Einzug der FDP in den Landtag würde daran derzeit wenig ändern, sondern führte nur dazu, dass auch Rot-rotGrün keine Mehrheit besäße.
Da alle Parteien eine Zusammenarbeit mit der AFD ausgeschlossen haben sowie CDU und Linke selbst im Notfall nicht miteinander reden wollen, blieben als einzige Optionen eine wie auch immer geführte Minderheitsregierung oder Neuwahlen. Dass es in Thüringen tatsächlich so kompliziert werden könnte, hatte erst kürzlich die Umfrage von infratest-dimap im Auftrag des MDR nahegelegt. Weil das Institut die FDP knapp im Landtag sah, kamen weder Rot-rot-grün noch eine CDURegierung auf eine Mehrheit.
Bei der – wie immer nur theoretischen – Direktwahlfrage erzielt Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) mit 42 Prozent (plus einen Punkt) seinen bisher höchsten Wert. Gleichbleibende 15 Prozent der Befragten würden für Cdu-landeschef Mike Mohring stimmen. Björn Höcke käme auf zehn Prozent (plus zwei Punkte).
Die Umfrage unter 1010 Thüringer Wahlberechtigten wurde zwischen dem 16. und 23. September telefonisch und online durchgeführt.
Seit Mittwoch ist der Wahl-oMat für Thüringen im Internet freigeschaltet. Die Bürger können bei 38 Themen ihre Ansichten mit jenen der 18 Parteien abgleichen, die zur Landtagswahl antreten. Der Wahl-o-mat wird seit 2002 von der Bundes- und der Landeszentrale für Politische Bildung angeboten. Zur Landtagswahl 2014 wurde die Seite mehr als 106.000-mal aufgerufen. Bei den Wahlen in Sachsen und Brandenburg hatten sich die Nutzerzahlen im Vergleich zu 2014 verdoppelt.