Wie soziale Medien den Wahlkampf beeinflussen
Bei einer Podiumsdiskussion wird über die Rolle des Internets in der Politik debattiert. Für die Parteien gibt es klare Empfehlungen
Erfurt. Werden Wahlen im Netz gewonnen? Diese Frage wurde bei einer Podiumsdiskussion am Dienstagabend im Haus Dacheröden in Erfurt gestellt. Jochen Fasco, Direktor der Thüringer Landesmedienanstalt, Franz-josef Schlichting, Leiter der Landeszentrale für politische Bildung, Christian Seidel, Chef der Werbeagentur Samt & Seidel, die Blogger Birgit Meusel und Martin Fuchs sowie Ta-chefredakteur Jan Hollitzer waren sich am Ende einig: Zwar können Wahlen nicht allein im Netz gewonnen werden, doch hat die Politik bei diesem Thema noch viel Nachholbedarf.
„Der Wahlkampf der 80eroder 90er-jahre funktioniert nicht mehr. Der Meinungsbildungsprozess hat sich verändert“, sagte Jochen Fasco. Soziale Medien seien dabei ein zentraler Faktor. Die bisherige Strategie von Parteien und Politikern in sozialen Medien kritisierte Martin Fuchs gleich mehrfach. „Viele Politiker haben das Potenzial sozialer Medien nicht verstanden“, so Fuchs. Der oft gesehene Aktionismus in Wahlkampfzeiten sei nicht zielführend. Wichtig sei, eine langfristige Beziehung zu den Nutzern aufzubauen. „Das klappt nicht in sechs Wochen, sondern dauert Jahre“, sagte Fuchs. Dass sei umso wichtiger, da soziale Medien die politische Kommunikation stark veränderten. „Messenger wie Whatsapp werden als Informationsquelle immer wichtiger. Politische Kommunikation wandert zunehmend in solche geschlossenen Räume ab“, so Fuchs.
Trotzdem werde der Wahlkampf nicht allein in den sozialen Medien gewonnen. So sieht es auch Jochen Fasco. „Wir haben in Thüringen gerade im ländlichen Raum viele ältere Menschen, die wollen analog bleiben. Das ist wie eine Doppelwelt. Im Wahlkampf bleiben deswegen auch die klassischen Formate wichtig“, sagte Fasco. Gleichwohl sei beispielsweise Youtube zum „vielleicht größten Sozialkundelehrer unserer Zeit“aufgestiegen.
Dass soziale Medien auch die journalistische Berichterstattung über den Wahlkampf verändern würden, sagte Ta-chefredakteur Jan Hollitzer. Das habe die Kritik des Youtubers Rezo an der CDU exemplarisch gezeigt. Allerdings dürften sich Journalisten nicht von jeder Debatte in den sozialen Medien treiben lassen. Zugleich gebe es Chancen: Nicht nur Journalisten, sondern auch Politiker, könnten ihre Arbeit in den sozialen Medien transparenter und authentischer zeigen.