Bringt ein Telefonat Trump zu Fall?
Der amerikanische Präsident steht vor einem Amtsenthebungsverfahren
ihr einen Sinneswandel ausgelöst. Vor allem etliche moderate Abgeordnete, die bisher strikt gegen Impeachment waren, änderten aus Sorge um die Integrität der amerikanischen Institutionen radikal ihren Kurs. In dieser Gemengelage konnte Pelosi den Dammbruch in den eigenen Reihen, wo sich bereits 150 Abgeordnete gegen Trump ausgesprochen hatten, nicht mehr aufhalten und stellte sich an die Spitze der Bewegung.
Ist sich Pelosi ihrer Sache sicher?
Nein. Pelosi war schon aktiv, als die Republikaner 1998 den demokratischen Präsidenten Bill Clinton wegen Meineids in der Lewinsky-sexaffäre zu Fall bringen wollten. Das Resultat für die Konservativen war verheerend. Clinton hielt sich durch einen „Freispruch“im Senat im Amt. Newt Gingrich, der damalige republikanische Anführer im Repräsentantenhaus, verlor dagegen seinen Top-job. Die Republikaner büßten bei der folgenden Wahl entscheidende Stimmen ein. Der Schuss ging vollends nach hinten los. Pelosi weiß, dass eine Amtsenthebung nur Chancen hat, wenn sie über alle Parteigrenzen hinweg getragen wird. Das ist nicht der Fall. Das toxische Klima im Land wird absehbar noch giftiger. Der Impeachment-prozess dürfte zudem sämtlichen Sauerstoff vor der Wahl 2020 aufsaugen und bürgernahe Sachthemen an den Rand drängen. Wie stehen die Chancen für eine Abwahl Trumps im Senat?
Unverändert schlecht. Die Republikaner haben im Oberhaus, das in einem Impeachment wie eine letztinstanzliche Spruchkammer vor Gericht fungiert, eine komfortable Mehrheit von 53 zu 47. Dass eine ausreichende Zahl von Senatoren zu den Demokraten überläuft und so im 100-köpfigen Gremium eine Zwei-drittel-mehrheit erzeugt, ist aus heutiger Perspektive betrachtet unwahrscheinlich. Kein Republikaner von Rang hat Trump (obwohl ihn viele insgeheim verachten und hassen) bisher öffentlich in den Senkel gestellt. Im Gegenteil: Es hagelt Solidaritätsbekundungen.
Wie wird Trump sich nun verhalten?
Wie immer. Der Präsident wird alle Vorwürfe vehement abstreiten, eine Armada von Anwälten in Gang setzen, die Demokraten als Landesverräter brandmarken und permanent auf Gegenangriff gehen. Trump wird sich als Opfer rachsüchtiger Washingtoner Links-eliten und Medien porträtieren, die seinen Wahlsieg von 2016 noch immer nicht verwunden hätten und ihn, den reichen Seiteneinsteiger, abservieren wollten.
Ist der Weg der Demokraten für Joe Biden ungefährlich? Beileibe nicht. Die Republikaner werden alles unternehmen, um das Wirken von Hunter Biden in den Aufsichtsgremien des ukrainischen Gaskonzerns Burisma auszuleuchten und – bei 50.000 Dollar Monatsgehalt nachvollziehbar – zumindest als moralisch verwerflich darzustellen. Zeitgleich werden die Aktivitäten des Vaters, der als Vizepräsident unter Barack Obama mithalf, den damaligen ukrainischen Generalstaatsanwalt Schokin aus dem Amt zu drängen, unters Mikroskop gelegt mit dem Tenor: Vetternwirtschaft. Auch wenn hier wie bisher keine strafrechtliche Relevanz dabei herauskommt, könnte Bidens Ruf im Wahlkampf massiv leiden und parteiinternen Widersachern wie Bernie Sanders und Elizabeth Warren zusätzlichen Auftrieb verleihen.