Späte Einsicht
Die
Ansage der Linke-chefin in Thüringen steht: Ohne eigene Mehrheit wird Bodo Ramelow nicht in eine erneute Ministerpräsidentenwahl gehen. Die bisherigen Koalitionspartner SPD und Grünen stützen das Warum nicht gleich so? möchte man zurufen.
An der Situation vor diesem historischen Mittwoch hat sich nicht viel geändert: Das Dreierbündnis verfügt nicht über eine eigene Mehrheit, ist auf Stimmen der CDU oder FDP angewiesen – wenn man nicht von der AFD ins Amt gewählt werden will. Bodo Ramelow dürfte eine solche Wahl nicht annehmen und würde es, daran gibt es kaum einen Zweifel, auch nicht tun.
Linke, SPD und Grüne müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, ohne eigene Mehrheit ins Risiko gegangen zu sein. Natürlich wären CDU und FDP – deren Verantwortung für den vergangenen Mittwoch mit jeder Stunde klarer wird – mit der Argumentation gekommen, Bodo Ramelow und seine Landesregierung seien nicht legitimiert. Darum scherte sich Ramelow bisher nicht. „Ich bin einfach im Amt“hatte er kurz vor der Landtagswahl dieser Zeitung gesagt. Warum musste trotzdem eine Entscheidung erzwungen werden?
Die Ignoranz der eigenen Situation hat dazu geführt, dass R2G einen groben Fehler begangen hat – nicht zu akzeptieren, dass es keine Mehrheit in diesem von den Thüringerinnen und Thüringern gewählten Landtag besitzt. Darin zählt jedes Mandat gleich stark, weil jede Wählerstimme gleich viel wert ist. Ob das nun zur eigenen politischen Haltung passt oder nicht. Diese späte Einsicht scheint sich langsam durchzusetzen – und bleibt hoffentlich für die Zukunft.