Thüringer Allgemeine (Artern)

Heimsieg vor dem Sturm

Stephan Leyhe gewinnt in Willingen sein erstes Weltcupspr­ingen. Absage am Sonntag

- Von Chris Lugert

Willingen. Stephan Leyhe war wohl einer der wenigen Menschen, die Sturmtief „Sabine“auch etwas Gutes abgewinnen konnten. Durch die frühzeitig­e Absage des Sonntagssp­ringens in Willingen konnte der 28-Jährige seinen ersten WeltcupSie­g am Samstag noch genüsslich feiern. Und die Leyhe-party fand dann auch tatsächlic­h statt.

„Wir haben schon ein bisschen gefeiert, es war ganz nett und wir haben es auch genossen“, sagte Bundestrai­ner Stefan Horngacher. Der Premierens­ieg seines Schützling­s war auch für Horngacher eine Erlösung. „Ich freue mich natürlich auch riesig. Er war immer so knapp dran, viele vierte und fünfte Plätze. Jetzt ist er in einem Flow drin, in dem er sich sogar kleine Fehler leisten kann“, sagte er.

In Willingen passte für Leyhe alles zusammen – und doch passte genau das eigentlich nicht zu seinen bisherigen Erfahrunge­n. Denn auch wenn die Mühlenkopf­schanze seine Heimschanz­e ist – die Ergebnisse dort haben bislang nie gestimmt. Vor seinem Sieg bestritt Leyhe acht Einzelwett­kämpfe in Willingen, nie kam er auch nur in die Nähe der Top Ten.

„Es war immer sehr speziell für mich hier. Im Vorjahr bin ich ja sogar ausgeschie­den“, sagte er. Doch dieses Mal sollte alles anders werden. „Ich war dieses Jahr so klar im Kopf wie noch nie, war in einer tollen Form. Ich wollte mir es nicht schon wieder nehmen lassen, eine gute Leistung zu zeigen“, sagte Leyhe. Ein Podium habe er sich erhofft, an einen Sieg aber hätte er „nicht gedacht“. Als Sahnehäubc­hen obendrauf wurde für den Willinger nach der Siegerehru­ng die regionale Hymne „Mein Waldeck“gespielt.

Das Waldecker Land umfasst unter anderem Willingen. „Dieses Lied kennt hier eigentlich jeder“, sagte Leyhe, der selbst seit neun Jahren nicht mehr in Willingen lebt, sondern im Schwarzwal­d zu Hause ist. Dennoch tritt er weiterhin für den SC Willingen an.

„Für mich hat das eine hohe Bedeutung, hier in Willingen gewonnen zu haben“, sagte er. „Mental kann jetzt Vieles kommen, ich werde das schaffen.“Diese mentale Stärke legte Leyhe an den Tag, als er als vorletzter Springer im zweiten Durchgang vom Bakken ging und mit 144,5 m eine Weite auf die Schanze knallte, die der Pole Kamil Stoch nicht mehr kontern konnte.

„Er hat sich das einfach erarbeitet“, sagte Horngacher und lobte den Lerneifer seines Springers: „Er hört zu, er erledigt die Dinge konsequent und entspreche­nd war es ein definitive­r Arbeitssie­g.“

Für Teamplayer Leyhe, der seit Jahren in Mannschaft­swettbewer­ben eine Bank und unter anderem mit Olympia-silber 2018 und WMGold 2019 dekoriert ist, war es der größte Einzelerfo­lg seiner Karriere. Mit 28 Jahren wurde er zum ältesten deutschen Sieg-debütanten.

Eine Bestätigun­g seiner Arbeit sei der Sieg aber nicht. „Ich weiß, dass ich gut springen kann, alle wissen es, deshalb muss ich es nicht mehr beweisen“, so Leyhe. sid

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FOTO: SWEN PFÖRTNER /DPA Skispringe­r Stephan Leyhe feiert seinen Triumph.

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