Heimsieg vor dem Sturm
Stephan Leyhe gewinnt in Willingen sein erstes Weltcupspringen. Absage am Sonntag
Willingen. Stephan Leyhe war wohl einer der wenigen Menschen, die Sturmtief „Sabine“auch etwas Gutes abgewinnen konnten. Durch die frühzeitige Absage des Sonntagsspringens in Willingen konnte der 28-Jährige seinen ersten WeltcupSieg am Samstag noch genüsslich feiern. Und die Leyhe-party fand dann auch tatsächlich statt.
„Wir haben schon ein bisschen gefeiert, es war ganz nett und wir haben es auch genossen“, sagte Bundestrainer Stefan Horngacher. Der Premierensieg seines Schützlings war auch für Horngacher eine Erlösung. „Ich freue mich natürlich auch riesig. Er war immer so knapp dran, viele vierte und fünfte Plätze. Jetzt ist er in einem Flow drin, in dem er sich sogar kleine Fehler leisten kann“, sagte er.
In Willingen passte für Leyhe alles zusammen – und doch passte genau das eigentlich nicht zu seinen bisherigen Erfahrungen. Denn auch wenn die Mühlenkopfschanze seine Heimschanze ist – die Ergebnisse dort haben bislang nie gestimmt. Vor seinem Sieg bestritt Leyhe acht Einzelwettkämpfe in Willingen, nie kam er auch nur in die Nähe der Top Ten.
„Es war immer sehr speziell für mich hier. Im Vorjahr bin ich ja sogar ausgeschieden“, sagte er. Doch dieses Mal sollte alles anders werden. „Ich war dieses Jahr so klar im Kopf wie noch nie, war in einer tollen Form. Ich wollte mir es nicht schon wieder nehmen lassen, eine gute Leistung zu zeigen“, sagte Leyhe. Ein Podium habe er sich erhofft, an einen Sieg aber hätte er „nicht gedacht“. Als Sahnehäubchen obendrauf wurde für den Willinger nach der Siegerehrung die regionale Hymne „Mein Waldeck“gespielt.
Das Waldecker Land umfasst unter anderem Willingen. „Dieses Lied kennt hier eigentlich jeder“, sagte Leyhe, der selbst seit neun Jahren nicht mehr in Willingen lebt, sondern im Schwarzwald zu Hause ist. Dennoch tritt er weiterhin für den SC Willingen an.
„Für mich hat das eine hohe Bedeutung, hier in Willingen gewonnen zu haben“, sagte er. „Mental kann jetzt Vieles kommen, ich werde das schaffen.“Diese mentale Stärke legte Leyhe an den Tag, als er als vorletzter Springer im zweiten Durchgang vom Bakken ging und mit 144,5 m eine Weite auf die Schanze knallte, die der Pole Kamil Stoch nicht mehr kontern konnte.
„Er hat sich das einfach erarbeitet“, sagte Horngacher und lobte den Lerneifer seines Springers: „Er hört zu, er erledigt die Dinge konsequent und entsprechend war es ein definitiver Arbeitssieg.“
Für Teamplayer Leyhe, der seit Jahren in Mannschaftswettbewerben eine Bank und unter anderem mit Olympia-silber 2018 und WMGold 2019 dekoriert ist, war es der größte Einzelerfolg seiner Karriere. Mit 28 Jahren wurde er zum ältesten deutschen Sieg-debütanten.
Eine Bestätigung seiner Arbeit sei der Sieg aber nicht. „Ich weiß, dass ich gut springen kann, alle wissen es, deshalb muss ich es nicht mehr beweisen“, so Leyhe. sid