Unterricht zu Hause bringt Kinder und Eltern im Kyffhäuserkreis an ihre Grenzen
Auch wenn nun die Kinder wieder in die Schule gehen, werden sie wochenweise weiterhin Daheim Aufgaben lösen. Denn die Bildungseinrichtungen in der Region sind vom Regelbetrieb noch weit entfernt
Kyffhäuserkreis. „Ich hatte das Gefühl, permanent online zu sein“, sagt Susann Haase, Grundschullehrerin in Artern. Sie habe den Eltern der Schüler per E-mail Aufgaben geschickt. „Ein paar Mal war auch ein Hausbesuch mit Abstand notwendig“, sagt Haase. „Von vielen Schülern habe ich gute Rückmeldungen auf die Aufgaben bekommen“, fügt sie hinzu. Wie es um sozial schwache Schüler stehe, werde sich im anstehenden Präsenzunterricht zeigen.
Als positiven Aspekt nennt Anette Bucher, stellvertretende Schulleiterin an der Grundschule Am alten Wald in Wiehe, dass Lehrer an ihrer Schule seit März über eine dienstliche E-mail-adresse verfügen. Außerdem würdigt sie die besondere Leistung der Elternhäuser. „Eltern haben in dieser Zeit die Arbeit geleistet, die sie normalerweise an uns abgeben“, sagt Bucher.
Eine realistische Einschätzung über die Leistung der Kinder während des Homeschoolings sei schwierig, meint Teresa Lüttich, Grundschullehrerin in Bad Frankenhausen, wenn Eltern Aufgaben korrigieren. Daher befürwortet sie, Aufgaben nicht zu bewerteten.
Technische Voraussetzungen zu Hause unterschiedlich
„Als wir am Anfang das Schulgebäude nicht betreten durften, hatte ich das Gefühl, dass jeder Zuhause in seiner eigenen Suppe rührt“, sagt Lüttich. Für sie sei daher der Austausch mit Kollegen wichtig. Mathias Böttcher, stellvertretender Schulleiter der Regelschule Östertal ist froh, dass seine Schule bereits vergangen Herbst erste Schritte zu einer eigenen Schul-cloud unternommen hat.
Während die Schule geschlossen hatte, lief die Kommunikation der über 300 Schülern mit ihren Lehrern über die schuleigene Plattform. Das System helfe auch, damit Schüler der Risikogruppe Präsenztage der Klasse mitverfolgen können. „Von Vorteil wäre es, wenn die Digitalisierung einen Schritt weiter wäre“, sagt Diana Melze, Lehrerin an der Grundschule in Bad Frankenhausen. Homeschooling würde besser funktionieren, wenn jeder Schüler über einen guten Internetanschluss und einen Laptop verfüge. Mit Eltern ohne Drucker habe sie einen wöchentlichen Abholtermin in der Schule ausgemacht.
Dass ihr Sohn in der dritten Klasse nun eigenständig Worddateien verschicken könne, sei für die zweifache Mutter Verena Walther* aus dem westlichen Kyffhäuserkreis das einzig Positive an der Situation. „Normalerweise geht mein Sohn gerne in die Schule“, erklärt Walther. „Nun aber gab es Tage, an denen drei Tage infolge gar nichts ging“, ergänzt sie. Nach der Arbeit habe sie mit ihrem Sohn für die Schule gelernt. „Zwei Stunden waren schnell erreicht“, sagt sie.
Zu anderen Eltern habe in der Zeit, im Gegensatz zu sonst, Funkstille geherrscht. „Der Grund dafür war schlichtweg Zeitnot“, fügt Walther hinzu.
Auch Susanne Dinkel* aus dem westlichen Kyffhäuserkreis ist in den vergangenen Wochen an ihre Grenzen gestoßen. Sie und ihr Mann seien die ganze Zeit über voll berufstätig gewesen. Ihr älterer Sohn besucht die neunte Klasse im Gymnasium. „Er bekommt jede Menge Aufgaben, ist aber gut strukturiert“, sagt Dinkel.
Sorgen mache sie sich um ihren Sohn, der in die 7. Klasse einer Regelschule geht. Seit dem 16. März war er nicht mehr in der Schule. Er habe eine Lese-rechtschreibSchwäche und komme mit den Aufgaben nicht hinterher. Sie empfinde die Situation als sehr belastend. Ihr jüngerer Sohn könne sich nicht selbst motivieren. „Es bleibt die Playstation, vor der er sitzt“, sagt Dinkel.
Bis zu 30 Seiten am Tag für Neuntklässlerin ausgedruckt
Die Tochter von Anne Zapf* aus Sondershausen besucht die neunte Klasse, ihr Sohn die zwölfte des Beruflichen Gymnasiums. Das Homeschooling habe gut funktioniert. Es habe digitalen Unterricht gegeben, bei dem sich Schüler beispielsweise um acht Uhr einloggen mussten.
Für ihre Tochter habe sie täglich 15 bis 30 Seiten ausgedruckt. „Warum kann nicht auf Lehrbücher zurückgegriffen werden?“, fragt sie sich. Außerdem kritisiert sie, dass Aufgaben an Feiertagen wie dem 1. Mai erteilt wurden, die bis Montag zur Bewertung abgegeben werden mussten. „Diese freie Zeit ist für uns als Familie wichtig, um Luft zu holen“, sagt Anne Zapf.
Ihr Sohn mache sich Sorgen, ob er mit den Fehlzeiten Studiumsvoraussetzungen erfüllen kann. „Die Situation setzt Kinder stark unter Druck“, fügt sie hinzu. Zudem wünscht sie sich einheitliche Regeln, zum Beispiel beim Mund-nase-schutz in Schulen. „Die Entscheidung offen zu lassen, macht es für Schüler unnötig kompliziert“, sagt Zapf. Um als Schüler den Tag selbst einteilen zu können, hätte es ein Fach wie Zeitmanagement geben müssen.