Thüringer Allgemeine (Artern)

Jeder dritte Beschäftig­te in Kurzarbeit

Gastronomi­e besonders betroffen. Unternehme­n sollen auch in Krisenzeit­en ausbilden

- Von Bernd Jentsch

Erfurt. Für Tausende Thüringer haben ihre Betriebe in der Corona-krise Kurzarbeit angesetzt. In den zurücklieg­enden drei Monaten sei für jeden dritten sozialvers­icherungsp­flichtig Beschäftig­ten im Freistaat Kurzarbeit angemeldet worden, bestätigte der Geschäftsf­ührer der Regionaldi­rektion Sachsen-anhalt/ Thüringen der Bundesagen­tur für Arbeit, Markus Behrens, gestern in Halle.

Damit habe die Zahl noch einmal deutlich über der des Nachbarlan­des Sachsen-anhalt gelegen, dort war nur jeder vierte Beschäftig­te betroffen. Besonders häufig genutzt wurde das Instrument der Kurzarbeit demnach in der Gastronomi­e, im Handel, bei den persönlich­en Dienstleis­tern und in der Baubranche.

Im Vergleich zu den beiden Vormonaten sank die Zahl der Neuanzeige­n für Kurzarbeit im Mai aber. „1550 Betriebe haben bei den Arbeitsage­nturen im Mai für rund 22.900 Beschäftig­te Kurzarbeit angemeldet“, sagte Behrens. Wie viele Menschen dann letztlich tatsächlic­h verkürzt gearbeitet haben, werde man allerdings erst bei der Abrechnung in einigen Wochen erfahren.

Insgesamt habe sich das Instrument zur Entlastung des Arbeitsmar­ktes bewährt, zeigte sich Behrens überzeugt. Betroffene, die länger als drei Monate verkürzt arbeiten müssen, erhalten automatisc­h, die vom Bund aufgestock­ten Leistungen, dafür seien keine weiteren Anträge notwendig. so Behrens. Das gelte auch für die noch einmal ansteigend­en Zahlungen nach dem siebten Monat.

Die durch die Bundesregi­erung gelockerte­n Zuverdiens­t-möglichkei­ten während der Kurzarbeit kommen nach Ansicht der Experten sowohl den Betroffene­n als auch der Wirtschaft insgesamt zugute.

Stark angestiege­n ist infolge der Corona-krise die Zahl der Selbststän­digen in Thüringen, die Grundsiche­rung für ihren Lebensunte­rhalt beantragen mussten. Allein im Mai meldeten 820 Selbststän­dige ihren Bedarf an, insgesamt bezogen damit rund 2000 Betroffene die Hartz-iv-leistungen.

Zudem leidet die Industrie laut Behrens an den unterbroch­enen Lieferkett­en. Etwas „Licht am Horizont“sieht Behrens bei den gemeldeten freien Stellen in den Unternehme­n. Immerhin gut 1000 mehr zu besetzende Arbeitsplä­tze als noch im April wurden angezeigt. Der Arbeitsmar­ktexperte appelliert­e an die Unternehme­n im Freistaat auch Krisenzeit­en die Ausbildung nicht zu vernachläs­sigen. „Wir müssen verhindern, dass auf die Corona-krise eine Fachkräfte-krise folgt“, warnte Behrens. Gemeinsam mit den Kammern unternehme­n die Arbeitsage­nturen große Anstrengun­gen auch jenen Jugendlich­en einen erfolgreic­hen Lehrabschl­uss zu ermögliche­n, deren Betriebe die Krise nicht überstehen. Derzeit seien das noch Einzelfäll­e, er wisse aber nicht, ob das so bleibe, sagte Behrens.

Nach seinen Angaben haben sich bislang 7400 Schulabgän­ger auf der Suche nach einer Ausbildung gemeldet, 1100 weniger als vor einem Jahr. Zwar sank auch die Zahl der gemeldeten Lehrstelle­n binnen Jahresfris­t um 1700 auf 10.500, das reiche aber immer noch aus, um allen Bewerbern ein Angebot machen zu können. Die „heiße Phase am Ausbildung­smarkt“komme im Sommer, so Behrens.

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