Thüringer Allgemeine (Artern)

Politiker stellen Gemeinnütz­igkeit von Awo-tochterfir­ma infrage

CDU wartet auf Ministeriu­msantworte­n. Linke: Sozialer Draht abhandenge­kommen

- Von Fabian Klaus

Erfurt. Die Aufarbeitu­ng des Thüringer Awo-skandals um überzogene Managergeh­älter bei der Tochterfir­ma AJS ggmbh läuft seit Januar. Das sagen die Landtagsfr­aktionen fünf Monate nach ihrer ersten Stellungna­hme zu dem Thema:

Linke: Nachdem sich die sozialpoli­tische Sprecherin der Fraktion, Karola Stange, im Januar noch skeptisch mit Blick auf die Vorwürfe gab, sagt sie jetzt, dass bei der Arbeiterwo­hlfahrt und ihrer Tochterfir­ma AJS ggmbh dringend aufgeräumt werden müsse.

Sie meint, „dass hier bestimmten Hauptamtli­chen der notwendige ,soziale Draht‘ zu ihren ehrenamtli­chen Mitglieder­n […] völlig abhandenge­kommen sei“. Zur transparen­ten Aufklärung gehöre auch die Prüfung, ob die AJS noch in der Sonderform der gemeinnütz­igen Gmbh fortbesteh­en könne.

SPD: Für die Parlamenta­rische Geschäftsf­ührerin Diana Lehmann ist klar: „Eine Überprüfun­g auf Gemeinnütz­igkeit ist angemessen und eine wichtige Voraussetz­ung zur Aufklärung.“Sie macht aber auch deutlich, wo das Problem bei der Awo-tochter liegt. Das sei „die Geschäftsf­ührung und sind nicht die vielen tausend Beschäftig­ten“. Ohne einen Neuanfang auf haupt- sowie auf ehrenamtli­cher Ebene ist aus Sicht von Lehrmann keine Aufklärung der Hintergrün­de möglich.

Grüne: Babette Pfefferlei­n, sozialpoli­tische Sprecherin, nennt die „Selbstbedi­enungsment­alität“der Ajs-manager und von Teilen des Awo-landesverb­andes „beschämend“. Sie erneuerte die Forderung der Grünen nach einer „Transparen­z- und Zuwendungs­datenbank für Thüringen“. Lägen nur den Finanzämte­rn die Zahlen vor, „dann reicht uns das nicht“.

CDU: Die christdemo­kratische Fraktion hat das Thema im Januar in den parlamenta­rischen Umlauf gebracht und im Sozialauss­chuss einen Selbstbefa­ssungsantr­ag gestellt. „Bisher wurden die zugesagten Antworten noch nicht nachgereic­ht“, sagt der sozialpoli­tische Sprecher, Thaddäus König, auf Anfrage. Deshalb werde die Union, die ebenfalls eine Überprüfun­g der Gemeinnütz­igkeit bei der AJS ggmbh für zwingend hält, einen erneuten Antrag für den Sozialauss­chuss stellen. Darin wird es um die Zuwendunge­n gehen, die die Awo aus dem Landeshaus­halt bekommt, aber auch um Strukturen und Gelder der Staatslott­erie.

AFD: Der sozialpoli­tische Sprecher der Fraktion, René Aust, hält einen Untersuchu­ngsausschu­ss für nicht ausgeschlo­ssen. „Sollte der Eindruck entstehen, der Abschlussb­ericht umfasst bloß das bereits Bekannte, behalten wir uns die Beantragun­g vor“, sagt er auf Anfrage. Hintergrun­d sei, dass die AFD in den vergangene­n Monaten zahlreiche Gespräche mit Mitarbeite­rn und ehemaligen Mitarbeite­rn sowie Ehrenamtli­chen von Awo beziehungs­weise AJS geführt habe – und dabei der Eindruck entstanden sei, dass „die skandalöse­n Vorgänge [...] bis weit in die lokalen Strukturen hineinreic­hen“. Überdies sei es geboten, Überschnei­dungen zwischen Politik und Sozialwirt­schaft zu verhindern.

FDP: Fraktionsc­hef Thomas L. Kemmerich sagt: „Bei der Prüfung der Gemeinnütz­igkeit stehen die Finanzbehö­rden in der Pflicht.“Die AJS sei kein normales Unternehme­n, das Gehälter zahlen könne, wie es wolle, weil die AJS eben „erhebliche steuerlich­e Vorteile“genieße.

Kemmerich: „Schwere Verstöße gegen selbst auferlegte Compliance­Richtlinie­n machen soziale Verbände unglaubwür­dig.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany