Politiker stellen Gemeinnützigkeit von Awo-tochterfirma infrage
CDU wartet auf Ministeriumsantworten. Linke: Sozialer Draht abhandengekommen
Erfurt. Die Aufarbeitung des Thüringer Awo-skandals um überzogene Managergehälter bei der Tochterfirma AJS ggmbh läuft seit Januar. Das sagen die Landtagsfraktionen fünf Monate nach ihrer ersten Stellungnahme zu dem Thema:
Linke: Nachdem sich die sozialpolitische Sprecherin der Fraktion, Karola Stange, im Januar noch skeptisch mit Blick auf die Vorwürfe gab, sagt sie jetzt, dass bei der Arbeiterwohlfahrt und ihrer Tochterfirma AJS ggmbh dringend aufgeräumt werden müsse.
Sie meint, „dass hier bestimmten Hauptamtlichen der notwendige ,soziale Draht‘ zu ihren ehrenamtlichen Mitgliedern […] völlig abhandengekommen sei“. Zur transparenten Aufklärung gehöre auch die Prüfung, ob die AJS noch in der Sonderform der gemeinnützigen Gmbh fortbestehen könne.
SPD: Für die Parlamentarische Geschäftsführerin Diana Lehmann ist klar: „Eine Überprüfung auf Gemeinnützigkeit ist angemessen und eine wichtige Voraussetzung zur Aufklärung.“Sie macht aber auch deutlich, wo das Problem bei der Awo-tochter liegt. Das sei „die Geschäftsführung und sind nicht die vielen tausend Beschäftigten“. Ohne einen Neuanfang auf haupt- sowie auf ehrenamtlicher Ebene ist aus Sicht von Lehrmann keine Aufklärung der Hintergründe möglich.
Grüne: Babette Pfefferlein, sozialpolitische Sprecherin, nennt die „Selbstbedienungsmentalität“der Ajs-manager und von Teilen des Awo-landesverbandes „beschämend“. Sie erneuerte die Forderung der Grünen nach einer „Transparenz- und Zuwendungsdatenbank für Thüringen“. Lägen nur den Finanzämtern die Zahlen vor, „dann reicht uns das nicht“.
CDU: Die christdemokratische Fraktion hat das Thema im Januar in den parlamentarischen Umlauf gebracht und im Sozialausschuss einen Selbstbefassungsantrag gestellt. „Bisher wurden die zugesagten Antworten noch nicht nachgereicht“, sagt der sozialpolitische Sprecher, Thaddäus König, auf Anfrage. Deshalb werde die Union, die ebenfalls eine Überprüfung der Gemeinnützigkeit bei der AJS ggmbh für zwingend hält, einen erneuten Antrag für den Sozialausschuss stellen. Darin wird es um die Zuwendungen gehen, die die Awo aus dem Landeshaushalt bekommt, aber auch um Strukturen und Gelder der Staatslotterie.
AFD: Der sozialpolitische Sprecher der Fraktion, René Aust, hält einen Untersuchungsausschuss für nicht ausgeschlossen. „Sollte der Eindruck entstehen, der Abschlussbericht umfasst bloß das bereits Bekannte, behalten wir uns die Beantragung vor“, sagt er auf Anfrage. Hintergrund sei, dass die AFD in den vergangenen Monaten zahlreiche Gespräche mit Mitarbeitern und ehemaligen Mitarbeitern sowie Ehrenamtlichen von Awo beziehungsweise AJS geführt habe – und dabei der Eindruck entstanden sei, dass „die skandalösen Vorgänge [...] bis weit in die lokalen Strukturen hineinreichen“. Überdies sei es geboten, Überschneidungen zwischen Politik und Sozialwirtschaft zu verhindern.
FDP: Fraktionschef Thomas L. Kemmerich sagt: „Bei der Prüfung der Gemeinnützigkeit stehen die Finanzbehörden in der Pflicht.“Die AJS sei kein normales Unternehmen, das Gehälter zahlen könne, wie es wolle, weil die AJS eben „erhebliche steuerliche Vorteile“genieße.
Kemmerich: „Schwere Verstöße gegen selbst auferlegte ComplianceRichtlinien machen soziale Verbände unglaubwürdig.“