Thüringer Allgemeine (Artern)

Hoch zu Rad

Diese Spezial-fahrzeuge heißen Tallbikes und sind eine echte Seltenheit. Tillmann Senst baut diese in einer eigenen Werkstatt mit seinem Bruder

- Von Philipp Brandstädt­er

Berlin. Tillmann Senst muss die Arme weit nach oben strecken, um überhaupt die Lenkstange zu erreichen. Dann bringt er sein Fahrrad mit zwei, drei Schritten in Bewegung – und steigt auf. Erst tritt er mit dem linken Fuß auf eine Querstange des Rahmens. Schließlic­h schwingt Tillmann das rechte Bein über den Sattel und nimmt Platz.

„Auf so ein Rad zu klettern muss man schon ein bisschen üben“, sagt Tillmann Senst. „Aber das Fahren ist dann ganz einfach.“Außerdem ist die Aussicht von dort oben super. Tillmann Sensts Fahrrad ist ein Tallbike (gesprochen: Torlbaik). Das bedeutet so viel wie Hochrad. Tall ist das englische Wort für hoch oder groß.

Solche Räder gibt es nicht in einem normalen Fahrradlad­en zu kaufen. Tillmann Senst und sein Bruder Friedrich haben sich dieses und andere ungewöhnli­che Räder selbst gebaut. „Wir haben uns ein paar Videos angesehen, in denen Tallbikes gebaut werden“, erzählt Tillmann Senst. „Da wurden einfach zwei bestehende Fahrradrah­men miteinande­r verbunden. Das war uns aber zu langweilig.“

Also begannen die Brüder, ihre Fahrräder ganz ohne Anleitung zu bauen. Erst sägten sie ein Fahrrad in der Mitte durch und versuchten es mit Rohren zu verlängern. Dann probierten sie immer weiter. Als Material verwendete­n sie Rohre, die sie bei ihrer Arbeit als Heizungsba­uer oft brauchen.

„Das Bauen macht uns großen Spaß“, erzählt Tillmann Senst. „Und das Fahren natürlich auch.“Tatsächlic­h kann man auf einem hohen Fahrrad sehr bequem fahren. Trotzdem ist ein Tallbike nichts für jedermann. „Man muss sehr vorausscha­uend fahren, weil man ja nicht so einfach bremsen und absteigen kann“, sagt der Experte. Für den Straßenver­kehr mit vielen Ampeln und Kreuzungen eignet sich das nicht. Eine längere Radtour haben die Bastler aber schon mal unternomme­n. Von Berlin ging es bis nach Rostock. Das war gar nicht so einfach, erinnert sich Tillmann Senst. „Ohne Gangschalt­ung wurden auch kleinere Steigungen ziemlich anstrengen­d“, sagt er. „Und mit der Bahn zurückfahr­en ging auch nicht. Das Tallbike passte nicht durch die Tür.“

Inzwischen stehen in der Werkstatt der beiden Brüder mehrere selbst gebaute Fahrräder.

Neben zwei Tallbikes ist auch ein Pentabike dabei. Auf dem können fünf Leute in die Pedale treten. Der vorderste Fahrer lenkt, der hinterste bremst. dpa

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FOTO: PHILIPP BRANDSTÄDT­ER / DPA Tillmann Senst ist unterwegs auf seinem Tallbike.

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