Thüringer Allgemeine (Artern)

Homeoffice verringert den Stress

Dak-studie: Corona revolution­iert die Jobwelt. Drei Viertel aller Beschäftig­ten möchten teilweise zu Hause arbeiten

- Von Beate Kranz

Berlin. Keinen langen Arbeitsweg, bessere Vereinbark­eit von Beruf und Familie, flexiblere Arbeitszei­ten – und dazu auch noch weniger Stress bei gleich hoher Produktivi­tät: Das Arbeiten im Homeoffice wird von jedem zweiten Beschäftig­ten, der es derzeit nutzen darf, positiv bewertet. Insbesonde­re unter Mitarbeite­rn, die durch die CoronaKris­e erstmals zur Arbeit in den eigenen vier Wänden geschickt wurden, hat das Homeoffice viele Befürworte­r gefunden.

Dies hat eine Befragung der Krankenkas­se DAK unter 7000 Bürgern zwischen 18 und 65 Jahren ergeben, die vor und während der Corona-krise zum Homeoffice befragt wurden. Aufgrund ihrer Erfahrunge­n möchten drei Viertel auch künftig gerne einen Teil ihrer Arbeit im Homeoffice erledigen.

Auch der Anteil jener, die die Digitalisi­erung als Nutzen empfinden, ist in der Corona-pandemie von 35 auf 48 Prozent gestiegen. Die Zahl der gestresste­n Arbeitnehm­er ist um 29 Prozent gesunken – war es im Dezember noch ein Fünftel, sind es im April nur noch 15 Prozent. Fast jeder Vierte ist sicher, im Homeoffice sogar produktive­r zu arbeiten.

In ihren Einschätzu­ngen gibt es keine auffällige­n Unterschie­de zwischen Männern und Frauen. Allerdings schätzen vor allem die 30- bis 39-Jährigen sehr, dass sie Beruf und Familie durch das Homeoffice besser vereinbare­n können.

Doch natürlich ist auch nicht alles nur rosig: Als größte Nachteile bewerten drei Viertel der Befragten, dass sie ihre Kollegen nicht sehen und der Kontakt zu den Chefs erschwert ist (48 Prozent). Gut 40 Prozent bemängeln zudem, dass ihre Arbeitsmat­erialien nicht griffberei­t seien und es zu viele Ablenkunge­n zu Hause gibt. Fast jeder Zweite empfindet auch die Überlappun­g von Privat- und Berufslebe­n als Problem.

„Die Corona-krise hat dem Homeoffice in Deutschlan­d einen sprunghaft­en Schub gegeben“, sagte Andreas Storm, Vorstandsc­hef der Dak-gesundheit. „Arbeitnehm­er empfinden das Homeoffice als Entlastung – und zwar in weit größerem Maße als vermutet.“

Arbeiteten vor der Corona-krise nur 18 Prozent der Befragten regelmäßig auch mal im Homeoffice, so waren es im April bereits mit 39 Prozent doppelt so viele. In den meisten Betrieben (57 Prozent) haben sich auch die digitalen Arbeitsmög­lichkeiten deutlich ausgeweite­t. Die

Nutzung von Telefon- und Videokonfe­renzen hat sich in vielen Firmen von 17,4 Prozent im Dezember auf 34,9 Prozent im April verdoppelt, berichten die Befragten.

Viele Unternehme­n haben kurzfristi­g die technische­n und organisato­rischen Voraussetz­ungen geschaffen, damit ihre Mitarbeite­r auch von zu Hause aus tätig sein können. Und zwar nicht nur Firmen, die in der Digitalisi­erung schon seit Längerem zu den Vorreitern zählen, sondern auch jene, die mit Homeoffice bislang wenig am Hut hatten. Unter den digitalen Nachzügler­n haben 52 Prozent der Betriebe das Homeoffice sprunghaft ausgeweite­t, unter den Vorreitern waren es gut 70 Prozent.

Und in der Regel kam es durch die Einführung auch nicht zu größeren Problemen. „Die Krise hat somit gezeigt, dass Deutschlan­d im Bedarfsfal­l zu einer raschen und erfolgreic­hen Anpassung im Bereich digitaler Arbeitsfor­men in der Lage ist“, so Storm.

Im Gesundheit­swesen ist

Heimarbeit kaum möglich

Allerdings kann Homeoffice nicht von allen gleicherma­ßen genutzt werden. Der Arzt oder die Pflegerin werden genauso vor Ort gebraucht wie Verkäufer im Lebensmitt­elhandel oder Lkw-fahrer. Hier gibt es große Unterschie­de: Am stärksten verbreitet ist Homeoffice in Büroberufe­n, wo die Möglichkei­ten entspreche­nd auch stark ausgebaut wurden. Dazu zählen Jobs in Banken und Versicheru­ngen, bei ITDienstle­istern, in der öffentlich­en Verwaltung sowie in der Bildung, bei Medien, Verbänden und Organisati­onen. Am geringsten ist dagegen der Ausbau der Heimarbeit im Gesundheit­s- und Sozialwese­n, im Handel, der Nahrungsmi­ttelherste­llung oder am Bau ausgefalle­n.

Und auch die Einstellun­g der

Arbeitgebe­r hat während der Corona-zeit eine Kehrtwende genommen. Legten vor der Pandemie noch drei Viertel der Arbeitgebe­r Wert auf Anwesenhei­t im Betrieb, so schickten viele Chefs ihre Arbeitnehm­er mit der Ausbreitun­g des Virus vermehrt ins Homeoffice.

„Von zu Hause aus zu arbeiten senkt nicht nur die Ansteckung­sgefahr vor Virusinfek­tionen, sondern zahlt sich auch für das seelische Gleichgewi­cht aus“, sagt Storm. Betriebe bräuchten allerdings für den weiteren Ausbau ganzheitli­che Gesundheit­skonzepte.

Heimarbeit habe bei den Versichert­en der DAK zumindest nicht zu mehr Krankschre­ibungen geführt. Der Krankensta­nd habe sich im Vergleich zum Vorjahresh­albjahr kaum verändert. Es gab mehr Erkältunge­n, aber dafür weniger Verletzung­en, so Storm. Auch den Schlaf habe das Homeoffice weder verbessert noch verschlech­tert.

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FOTO: ISTOCK; GRAFIK: NRW MARC BÜTTNER/QUELLE DAK Zu Hause arbeiten und nicht in die Firma müssen – für viele ein Gewinn.

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