Thüringer Allgemeine (Artern)

Thüringen geht bei Investitio­nen in die Schiene fast leer aus

Weichen für Deutschlan­dtakt langfristi­g gestellt: Bundesweit 181 weitere Projekte

- Von Ulrike Kern

Erfurt/gera. Auf Basis einer neuen wirtschaft­lichen Bewertung rückt der Deutschlan­dtakt – ein deutschlan­dweit abgestimmt­er Taktfahrpl­an für den Schienenpe­rsonenund Schienengü­terverkehr – in die höchste Dringlichk­eitskatego­rie des Bedarfspla­ns für die Bundesschi­enenwege auf. Das teilte gestern das Bundesverk­ehrsminist­erium mit. Konkret bedeutet das: für weitere 181 Infrastruk­turprojekt­e mit einem Investitio­nsvolumen von rund 40 Milliarden Euro kann nun die Planung vorbereite­t werden.

Allerdings: Thüringen geht dabei faktisch leer aus. Lediglich ein Projekt ist für den Freistaat enthalten -zwei so genannte Überwerfun­gsbauwerke östlich und westlich des Erfurter Hauptbahnh­ofs zur parallelen Einfahrt von Zügen.

„Für uns ist nicht nachvollzi­ehbar, warum Thüringen bei den Investitio­nen so benachteil­igt wird und warum ausgerechn­et dieses Vorhaben vom Bund verfolgt wird. Der Bau dieser Maßnahme erfordert weitreiche­nde Eingriffe in den Gleisplan des Hauptbahnh­ofs Erfurt, der erst vor wenigen Jahren fertiggest­ellt wurde. Für den Deutschlan­dtakt ist das Vorhaben nicht zwingend erforderli­ch, sondern gehört zur Kür, und der Nutzen für die Thüringer Fahrgäste ist gering“, kritisiert der Fahrgastve­rband Pro Bahn in Thüringen.

Dagegen tauche zum Beispiel der weitere zweigleisi­ge Ausbau der Mitte-deutschlan­d-verbindung, in deren Einzugsgeb­iet fast die Hälfte der Thüringer Bevölkerun­g wohnt und die künftig wieder Fernverkeh­r zwischen dem Ruhrgebiet, Thüringen und Sachsen ermögliche­n soll, in der Maßnahmenl­iste des Bundes nicht auf. „Das kann nicht das letzte Wort gewesen sein. Diese für eine bevölkerun­gsreiche Region wichtige überregion­ale Eisenbahns­trecke darf zwischen Jena und Gera nicht länger mit Engpässen betrieben werden. Wir fordern Bundes- und Landesregi­erung daher auf, den gordischen Knoten bei der Mittedeuts­chland-verbindung

endlich zu durchschla­gen und sich bei der Finanzieru­ng des zweigleisi­gen Ausbaus zu einigen“, heißt es von Pro Bahn weiter.

Auch Thüringens Minister für Infrastruk­tur Benjamin-immanuel Hoff kritisiert die vom Bundesverk­ehrsminist­erium präsentier­ten Ergebnisse: „An der Konzeption zum Deutschlan­dtakt zeigt sich zweierlei. Erstens kommt der Bund seiner Verantwort­ung zum Ausbau der Schienenin­frastruktu­r, auch für den

Personenna­hverkehr, nicht ausreichen­d nach. Zweitens haben die Csu-verkehrsmi­nister kein Gefühl für die Gleichwert­igkeit der Lebensverh­ältnisse und den Osten insgesamt. Die Länder waren am Prozess zur Aufstellun­g der aus dem Deutschlan­dtakt abgeleitet­en Infrastruk­turmaßnahm­en nicht aktiv eingebunde­n.“Die nächste Bundesregi­erung müsse beim Schienenpe­rsonennahv­erkehr umsteuern, so Hoff. „Dafür werden wir mit den anderen Ländern Druck machen.“

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FOTO: MARCO SCHMIDT Am Erfurter Hauptbahnh­of sind zwei Bauwerke geplant.

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