Thüringer Allgemeine (Artern)

„Ich sehe das anders als Nena“

Johannes Oerding steht am Montag in Erfurt auf der Bühne und spielt am Lagerfeuer

- Von Fabian Klaus

Erfurt. Am Montag steht Johannes Oerding zum Auftakt der Stadionkon­zerte von Funke Medien Thüringen auf der Bühne. Wir sprachen vorab mit dem Hamburger Musiker über die Coronapaus­e, Musik im Stadion und Thüringer Bratwurst:

Wie haben Sie die lange Coronazeit ohne Auftritte genutzt?

Es ist viel passiert. Ich bin, wie die meisten Menschen wahrschein­lich auch, durch unterschie­dliche Phasen gegangen. Am Anfang war völlige Verzweiflu­ng und Ratlosigke­it, weil wir von unserer bislang größten Tour nach Hause geschickt wurden. Dann ging es mit Arbeitsbes­chaffung daheim weiter. Balkon bepflanzen, Unterlagen sortieren und abheften waren an der Tagesordnu­ng. Irgendwann ging das in kreativen Aktionismu­s und digitale Konzerte über, weil man die Verbindung zu den Fans nicht abreißen lassen will. Es gab auch Phasen, da hat man einfach nichts gemacht. Momentan habe ich das Gefühl, es geht bergauf, denn wir dürfen wieder vor echten Menschen spielen.

In wenigen Tagen stehen Sie in Erfurt auf der Bühne. Ihr erstes Stadionkon­zert, oder?

Ja, das fühlt sich natürlich gut an. Darauf arbeitet man doch als Musiker hin. Im Steigerwal­dstadion war ich selbst aber noch nicht. Mein Herz schlägt als Hamburger für die Fußballer von St. Pauli. Wir freuen uns aber, wieder in Erfurt zu sein. Denn wenn wir dorthin kommen, dann ist Verlass auf die Leute. Die Menschen haben Bock auf Livemusik und sind hungrig, gemeinsam wieder was zu machen.

Was dürfen wir in Erfurt erwarten? Mit dem Programm, mit dem wir unterwegs sind, waren wir noch nicht in Erfurt. Ich bringe ein großes Lagerfeuer mit, die Flammen lodern. Wir haben unsere Show ein bisschen angepasst und einen kompletten Gegenentwu­rf zu der großen Klimbim-arena-tour geschaffen. Wir gehen zurück an den Anfang, spielen unplugged und viel privater. Jetzt haben wir auch die Chancen, von allen Alben Songs zu spielen, weil wir an keine Platte gebunden sind. Es kommt gerade einfach keine raus. Wir spielen unsere Lieblingss­ongs und hoffen, dass das die Lieblingss­ongs der Leute sind.

Sie sprachen von kreativem Aktionismu­s. Wann kommt denn Ihre nächste Platte?

Ich habe für viele andere geschriebe­n. Dafür war ausnahmswe­ise mal Zeit. Sonst bin ich eher mit meinem Krempel beschäftig­t, so konnte ich jetzt aber bei Ina Müller, Peter Maffay und Udo Lindenberg an Platten mitschreib­en. Es ist musikalisc­h einiges passiert hinter den Kulissen. Ich habe nur irgendwie vergessen, für mich selbst zu schreiben. Das steht nach den Live-shows aber auf der Agenda. Ich hoffe, dass dann noch genug Platz für das siebte Album im Kopf ist.

Wie schätzen Sie die Auswirkung­en der Coronakris­e auf die Musikbranc­he insgesamt ein?

Die hat Spuren, ich würde sogar sagen Wunden hinterlass­en. Wir merken und sehen das an jeder Ecke in unserem Umfeld. Der eine oder andere hat umgeschult. Viele haben, um ihre Existenz zu behalten, sich etwas Neues einfallen lassen. Auch von den Unternehme­n, die zur Struktur gehören, haben es manche nicht geschafft. Aber dass wir jetzt unsere 43 Konzerte spielen, sorgt auch dafür, dass wir die Strukturen erhalten. Denn irgendwann soll es ja wieder richtig weitergehe­n und da wäre es nicht gut, wenn niemand mehr da ist, der die Bühne aufbaut.

Es gibt zur Corona-thematik auch Musikerkol­leginnen und -kollegen, die die Menschen direkt oder indirekt auffordern, sich nicht an die Schutzmaßn­ahmen zu halten. Nena zum Beispiel. Haben Sie Verständni­s dafür?

Ich sehe das schon etwas anders als Nena. Ich bin keiner, der auf der Bühne zu Ungehorsam aufruft. Ich halte die Corona-maßnahmen aber nicht für Gehorsam. Was wir umsetzen wollen, funktionie­rt nur, wenn man sich an gewisse Regeln hält. Dafür ist die Materie viel zu komplex. Es bringt mich nicht weiter, wenn Behörden sagen, dass unsere Konzepte nicht funktionie­ren, weil die Menschen sich nicht an die Regeln halten. Deshalb bin ich jemand, der sagt, lass uns das in diesem Jahr so durchziehe­n, wie wir es können und dürfen.

Welche Rolle spielt der Gesundheit­saspekt?

Keiner hat am Ende etwas davon, wenn er sich nicht an die Vorgaben hält. Denn dann können sich Leute infizieren und wir bekommen die Konzepte nicht durchgewun­ken.

Wie groß ist Ihre Vorfreude auf eine Thüringer Bratwurst?

Riesig. Die gab es auch bei unserer letzten Show und hoffentlic­h bekommen wir das dieses Jahr wieder organisier­t. Vielleicht bekommen alle, die eine brauchen, noch eine Impfung dazu. Alles, was hilft, dass die Leute sich impfen lassen, ist nicht nur für unsere Branche gut, sondern im Moment auch eine der besten Möglichkei­ten, die wir haben, um Corona schnell hinter uns zu lassen.

Die Termine für die Konzerte im Erfurter Steigerwal­dstadion:

23. August: Johannes Oerding

24. August: Sido

25. August: Alvaro Soler

26. August: Rea Garvey

27. August: Revolverhe­ld

28. August: Alligatoah

29. August: Max Giesinger Konzertbeg­inn ist an allen Tagen um

19.30 Uhr; Einlass: ab 18 Uhr. Tickets gibt es unter: www.ticketshop-thueringen.de

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FOTO: CHRIS GONZ Johannes Oerding steht am Montag in Erfurt zum Auftakt der Funke Medien-stadionkon­zerte auf der Bühne.

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