„Ich sehe das anders als Nena“
Johannes Oerding steht am Montag in Erfurt auf der Bühne und spielt am Lagerfeuer
Erfurt. Am Montag steht Johannes Oerding zum Auftakt der Stadionkonzerte von Funke Medien Thüringen auf der Bühne. Wir sprachen vorab mit dem Hamburger Musiker über die Coronapause, Musik im Stadion und Thüringer Bratwurst:
Wie haben Sie die lange Coronazeit ohne Auftritte genutzt?
Es ist viel passiert. Ich bin, wie die meisten Menschen wahrscheinlich auch, durch unterschiedliche Phasen gegangen. Am Anfang war völlige Verzweiflung und Ratlosigkeit, weil wir von unserer bislang größten Tour nach Hause geschickt wurden. Dann ging es mit Arbeitsbeschaffung daheim weiter. Balkon bepflanzen, Unterlagen sortieren und abheften waren an der Tagesordnung. Irgendwann ging das in kreativen Aktionismus und digitale Konzerte über, weil man die Verbindung zu den Fans nicht abreißen lassen will. Es gab auch Phasen, da hat man einfach nichts gemacht. Momentan habe ich das Gefühl, es geht bergauf, denn wir dürfen wieder vor echten Menschen spielen.
In wenigen Tagen stehen Sie in Erfurt auf der Bühne. Ihr erstes Stadionkonzert, oder?
Ja, das fühlt sich natürlich gut an. Darauf arbeitet man doch als Musiker hin. Im Steigerwaldstadion war ich selbst aber noch nicht. Mein Herz schlägt als Hamburger für die Fußballer von St. Pauli. Wir freuen uns aber, wieder in Erfurt zu sein. Denn wenn wir dorthin kommen, dann ist Verlass auf die Leute. Die Menschen haben Bock auf Livemusik und sind hungrig, gemeinsam wieder was zu machen.
Was dürfen wir in Erfurt erwarten? Mit dem Programm, mit dem wir unterwegs sind, waren wir noch nicht in Erfurt. Ich bringe ein großes Lagerfeuer mit, die Flammen lodern. Wir haben unsere Show ein bisschen angepasst und einen kompletten Gegenentwurf zu der großen Klimbim-arena-tour geschaffen. Wir gehen zurück an den Anfang, spielen unplugged und viel privater. Jetzt haben wir auch die Chancen, von allen Alben Songs zu spielen, weil wir an keine Platte gebunden sind. Es kommt gerade einfach keine raus. Wir spielen unsere Lieblingssongs und hoffen, dass das die Lieblingssongs der Leute sind.
Sie sprachen von kreativem Aktionismus. Wann kommt denn Ihre nächste Platte?
Ich habe für viele andere geschrieben. Dafür war ausnahmsweise mal Zeit. Sonst bin ich eher mit meinem Krempel beschäftigt, so konnte ich jetzt aber bei Ina Müller, Peter Maffay und Udo Lindenberg an Platten mitschreiben. Es ist musikalisch einiges passiert hinter den Kulissen. Ich habe nur irgendwie vergessen, für mich selbst zu schreiben. Das steht nach den Live-shows aber auf der Agenda. Ich hoffe, dass dann noch genug Platz für das siebte Album im Kopf ist.
Wie schätzen Sie die Auswirkungen der Coronakrise auf die Musikbranche insgesamt ein?
Die hat Spuren, ich würde sogar sagen Wunden hinterlassen. Wir merken und sehen das an jeder Ecke in unserem Umfeld. Der eine oder andere hat umgeschult. Viele haben, um ihre Existenz zu behalten, sich etwas Neues einfallen lassen. Auch von den Unternehmen, die zur Struktur gehören, haben es manche nicht geschafft. Aber dass wir jetzt unsere 43 Konzerte spielen, sorgt auch dafür, dass wir die Strukturen erhalten. Denn irgendwann soll es ja wieder richtig weitergehen und da wäre es nicht gut, wenn niemand mehr da ist, der die Bühne aufbaut.
Es gibt zur Corona-thematik auch Musikerkolleginnen und -kollegen, die die Menschen direkt oder indirekt auffordern, sich nicht an die Schutzmaßnahmen zu halten. Nena zum Beispiel. Haben Sie Verständnis dafür?
Ich sehe das schon etwas anders als Nena. Ich bin keiner, der auf der Bühne zu Ungehorsam aufruft. Ich halte die Corona-maßnahmen aber nicht für Gehorsam. Was wir umsetzen wollen, funktioniert nur, wenn man sich an gewisse Regeln hält. Dafür ist die Materie viel zu komplex. Es bringt mich nicht weiter, wenn Behörden sagen, dass unsere Konzepte nicht funktionieren, weil die Menschen sich nicht an die Regeln halten. Deshalb bin ich jemand, der sagt, lass uns das in diesem Jahr so durchziehen, wie wir es können und dürfen.
Welche Rolle spielt der Gesundheitsaspekt?
Keiner hat am Ende etwas davon, wenn er sich nicht an die Vorgaben hält. Denn dann können sich Leute infizieren und wir bekommen die Konzepte nicht durchgewunken.
Wie groß ist Ihre Vorfreude auf eine Thüringer Bratwurst?
Riesig. Die gab es auch bei unserer letzten Show und hoffentlich bekommen wir das dieses Jahr wieder organisiert. Vielleicht bekommen alle, die eine brauchen, noch eine Impfung dazu. Alles, was hilft, dass die Leute sich impfen lassen, ist nicht nur für unsere Branche gut, sondern im Moment auch eine der besten Möglichkeiten, die wir haben, um Corona schnell hinter uns zu lassen.
Die Termine für die Konzerte im Erfurter Steigerwaldstadion:
23. August: Johannes Oerding
24. August: Sido
25. August: Alvaro Soler
26. August: Rea Garvey
27. August: Revolverheld
28. August: Alligatoah
29. August: Max Giesinger Konzertbeginn ist an allen Tagen um
19.30 Uhr; Einlass: ab 18 Uhr. Tickets gibt es unter: www.ticketshop-thueringen.de