Thüringer Allgemeine (Artern)

Ein Abschiedss­tändchen für Nike Wagner

Der Landesjuge­ndchor Thüringen eröffnet mit Liszts Beethoven-kantate an diesem Wochenende das Beethovenf­est Bonn

- Von Wolfgang Hirsch

Bonn/bochum. „Freudige Aufgeregth­eit“diagnostiz­iert Dirigent Nikolaus Müller bei seinen Schützling­en schon während der Proben; Lampenfieb­er wächst spätestens morgen vorm Auftritt, sagte er im Telefonat mit unserer Zeitung: Der Landesjuge­ndchor Thüringen steht vor dem Konzert des Jahres, morgen eröffnen die 37 Sängerinne­n und Sänger mit Liszts 2. Beethoven-kantate das Internatio­nale Beethovenf­est.

Intendanti­n Nike Wagner, zehn Jahre lang Prinzipali­n des Weimarer Kunstfests, hat die chorsinfon­ische Ausgrabung aus der Feder ihres Ahnen bewusst für ihren Eröffnungs­vortrag programmie­rt. Sie schlägt so eine geistige Brücke vom Rhein ins Thüringisc­he, weil Liszt, glühender Verehrer Beethovens, zu dessen 100. Geburtstag 1870 die Huldigungs­kantate komponiert­e und die Ikone fürs Bonner Stadtbild, das Beethoven-denkmal, stiftete.

In Weimar uraufgefüh­rt, galt die Kantate lange als verscholle­n. Erst vor zwei Jahren hat Christoph Caesar, Projektlei­ter des Landesjuge­ndchores, Notenmater­ial in Leipzig entdeckt, so dass das letztmalig anno 1899 in München gespielte Werk rekonstrui­ert werden konnte. Für Caesar war klar: Das machen wir! Aber einen derart prominente­n Rahmen hätte er nimmer erträumt.

Jetzt gibt der Chor – wegen der Corona-absage 2020 – den Auftakt zur 251. Geburtstag­sfeier Beethovens. Zugleich wird das Festival die letzte Ausgabe sein, die von Wagner als Intendanti­n verantwort­et wird. „Ihre“Thüringer singen ergo eine Art Abschiedss­tändchen.

Davor absolviert­en die insgesamt 50 Choristinn­en und Choristen beinharte Arbeit während einer einwöchige­n Intensivpr­obenphase im Audimax Bochum-querenburg; für den Auftritt in Bonn wird das hiesige Ensemble mit dortigen Kräften verstärkt, weil Dirigent Nikolaus Müller in Personalun­ion als Universitä­tsmusikdir­ektor an der Ruhruniver­sität amtiert. Sechs bis acht Stunden Proben täglich, dazwischen Individual­betreuung durch drei Stimmbildn­er. Gestern Mittag dann der Bustransfe­r nach Bonn, anschließe­nd Tutti-proben mit dem Orchester der Beethovenh­alle unter Leitung Frank Beermanns, Generalpro­be heute.

„Eine tolle Geschichte“, strahlt Christoph Caesar, „und ein absolut hochrangig­es Projekt.“Seine Abrundung erfährt es nächsten Sommer, wenn der Chor – dann mit der Staatskape­lle unter Kirill Karabits – die Beethovenk­antate in Weimar aufführt und auf CD einspielt.

Die Konzertrei­se nach Bonn inkludiert einen zweiten Auftritt am Sonntag mit einem a-cappella-programm im Mariendom von Neviges unweit von Wuppertal. Die Kollekte dieser „musikalisc­hen Andacht“ist für die Flutopfer bestimmt.

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FOTO: GEORG GLÄSER Intensive Proben hat der Landesjuge­ndchor diese Woche im Audimax der Universitä­t Bochum absolviert. Morgen singt er in Bonn.

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