Glück und Pech im Harzderby
Fußball-oberligist Nordhausen freut sich trotz erneutem Eigentor über den ersten Punkt
Wernigerode. Erik Schneider blickte fassungslos ins Leere. 90. Minute, Nordhausen führt 2:1, Freistoß aus über 30 Metern für Wernigerode. Keine Mauer nötig. Der scharfe Schuss von Rentzo prallt von Schneiders Bauch am verdutzten Keeper Henning vorbei ins Netz. 2:2. Die Mehrheit der 825 Zuschauer auf dem „Mannsberg“jubelt.
Ausgerechnet Schneider. Wie beim 2:4 gegen Inter Leipzig, als der bis dahin bärenstarke Schwerdt zum vorentscheidenden 2:3 ins eigene Netz geköpft hatte, war auch Schneider diesmal der beste Nordhäuser auf dem Platz. „Gegen Erik war kein Durchkommen. Ich wusste, wie schwer es gegen ihn wird“, sagte Gino Dörnte, einer von drei ehemaligen Nordhäusern im Wernigeröder Team. „Gegen das Eigentor konnte er einfach nichts tun“, so Dörnte. „Außer den Bauch einziehen“, hatte Wacker-trainer Lars Greschke den Humor in der Pressekonferenz schon wieder gefunden.
Wacker Trainer Greschke zufrieden: „Wir haben weniger Fehler gemacht“
Im Gegensatz zur Auftakt-niederlage gegen Inter Leipzig war die Stimmung bei den Südharzern gelöst. Schließlich hatten sie beim Aufsteiger am Ende den erhofften ersten Punkt mitgenommen. Und kurz vorm Ausgleich auch ein bisschen Glück gehabt, als Ex-wackeraner Kirchner aus nächster Nähe nur den Pfosten traf.
Bis dahin agierte Wacker aus einer sicheren Abwehr clever. „Wir haben viel weniger Fehler gemacht und unsere Nadelstiche gesetzt“, sah Greschke eine positive Entwicklung, die sich am kommenden Sonntag (14 Uhr) im Duell der beiden Oberligisten per Gerichtsentscheid
(Abstiegsurteil des Verbandsgerichts) gegen den FC Carl Zeiss Jena II fortsetzen soll.
Wernigerodes Coach Frank Rosenthal, der vor zwölf Jahren Greschkes Trainer bei Wacker war, sagte: „Er war immer schon ein ‘Irrer’ und ich wusste, was heute auf uns zukommt“, meinte der Einheitcoach. Der war sauer über die fast tatenlose erste Halbzeit des Neulings, als nur Hildach per Freistoß die Latte traf. Nordhausen hingegen nahm eine verdiente Führung in die Pause mit. Erst verfehlte Schwerdt per Kopf knapp das 1:0 (20.), dann trickste Knopp den dritten Ex-nordhäuser Hess aus und traf (22.). „Ich hatte anfangs ziemliche Probleme mit ihm“, bekannte Hess im Kreise ehemaliger Wackerspieler. Auch der jetzt für Heiligenstadt spielende Leon Gümpel war mit seiner Freundin über den Harz gefahren, um die alten Kumpels wiederzusehen.
Nach der Pause drückte Einheit wie erwartet. Doch den Ausgleich von Staat (63.) konterte Wacker umgehend. Beim 2:1 wurde Hagen Pietsch’s Schuss leicht abgefälscht und senkte sich präzise hinterm Keeper ins Netz (69.). Pietsch zeigte sein Können als gelernter Turner und machte einen herrlichen Salto. Kurz darauf musste er raus, weil er einen Schlag auf den Fuß bekommen hatte. Für Wacker wurde es immer enger, doch die Wernigeröder verpassten beste Gelegenheiten. Bis das Eigentor für erhebliche Stimmungsschwankungen auf beiden Seiten sorgten. „Glück und Pech glichen sich so aus“, fand Einheits Rosenthal. Für Greschke blieb es „ein gerechtes Unentschieden, aber bitter, wegen des ‘Dreckstors“.
Erleichtert war Wackers Torhüter Valentin Henning. Er hatte nach dem „schwarzen Tag“gegen Leipzig, ein gutes Spiel gemacht. „Das war wichtig für mich, zu zeigen, dass ich es kann“, bedankte sich der erst 20 Jahre alte Keeper auch für das Vertrauen des Trainers. „Es gab keine Diskussionen, ob ich auflaufen sollte“, sagte Henning.
Erik Schneider wollte vorm Einsteigen in den Bus über den Abend nicht reden. Aber zuvor beim Gang in die Kabine mit den tröstenden Kollegen wurde er schon wieder mit einem schmalen Lächeln erwischt.